Michael Batz. Der Autor, Theatermacher und Lichtkünstler sieht sich als Grenzgänger. Als Zweifler, Pilger und Irrläufer. Und findet neue Ansätze.

Mit der Kirche hatte Künstler Michael Batz lange seine Schwierigkeiten. "Diese verfasste Kirche ist zwar ein Wertfaktum, aber ein Zugang zu Gott ist sie nicht unmittelbar", findet der 55-Jährige.

Der Autor, Theatermacher und Lichtkünstler sieht sich selbst "als Zweifler, Pilger, Irrläufer, Sucher in den Orten der Behauptungen. Ich grabe nach Wissen, nach Spuren und werfe Schein, ich werfe Blicke und kreise doch immer um eine Achse." Sein Selbstverständnis im Glauben beschreibt er mit dem Bild seiner Portalspiele, die er für St. Michaelis zur Neueröffnung eines jeden der zehn Portale schreibt. "Ich schaue dabei auf die Stadt, während ich mich um diese Achse drehe, die ja in der Kirche drin ist. So habe ich immer etwas Großes, Unbegreifliches, Unverzichtbares im Rücken, um das ich kreise. Auf diese Weise versuche ich, dem Thema Gott näherzukommen."

Für jemanden, "der sozialisiert worden ist mit den derbsten Methoden, was Glauben, Frömmigkeit und Religiosität angeht", ist das ein schwieriger Weg. Darüber zu sprechen fällt Batz nicht leicht, immer wieder stockt der sonst so eloquente Redner. Mit einer Überdosis Religion sei er groß geworden, in einer Spielart der bekennenden Kirche, eines entschiedenen Christentums. . "Das ganze familiäre Leben und Denken wurde dem unterworfen", sagt er. "Das war ein fundamentalistisch-indoktrinäres Verhältnis und hatte fast mittelalterliche Qualität."

Wie das aussah, kann der gebürtige Hannoveraner fast unerträglich präzise beschreiben. Am Vorabend der Konfirmation seiner Cousine sei er dort auf dem Dorf gewesen. "Dort gab es zwei Fernseher, und wir haben bei den Nachbarn eine ganz harmlose Vorabendserie gesehen. Als wir dann zurückkamen, fiel die Familie mit Besenstielen über uns her, weil es sündig ist, am Vorabend einer Konfirmation fernzusehen. Das beste Abschreckungsmittel, um zu sagen: "Gott - nie wieder!"

Und doch gibt es heute in dieser Stadt keinen, der so viel für Kirchen schreibt wie Batz. Als Grenzgänger zwischen Theater und Licht ist er nicht nur für St. Michaelis in der "Nacht der Kirchen" tätig, sondern auch seit Jahren für viele andere Kirchenprojekte. Dabei reibt sich der Künstler, ringt um seinen Glauben. Eine gewisse Abstinenz zum Glauben sei bei seiner langen Pilgerschaft unerlässlich gewesen, und in seiner Abkehr und Abwehr sei er sehr geprägt worden von der existenzialistischen Literatur.

Das Rebellische angesichts des Absurden habe ihm eingeleuchtet, zum Beispiel bei Camus, denn es erzähle Haltung. Für die Wahrheit einzustehen, das bewundere er auch an Luther: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, gegen alle Mächte! Das und die Kirchenmusik sind die Ankerpunkte gewesen, die mich nicht ganz haben wegdriften lassen."

Das Rebellische in ihm hat ihn auch immer wieder an Orte gehen lassen, die unwahrscheinlich sind, wie 1994 in die Speicherstadt mit seinem "Hamburger Jedermann". Ein Stück, das damit beginnt, dass Gott sich verabschiedet hat und für Batz die Erkenntnis beinhaltet, "dass man nicht seine eigenen Voraussetzungen schafft - es gibt Voraussetzungen, ohne die ich nicht wäre. Das ist ein großes Erbe."

Offen zu sein für alles Neue und Grenzen auszutesten ist für Batz auch die Antwort auf eine Erfahrung des Schreckens im Angesicht des Todes. Familie, Freunde und Bekannte habe er schon jung verloren, "Darunter Jungs, die einfach zu blöd waren, als sie den Führerschein hatten und sich gegen die Wand setzten."

Seine Antwort darauf ist "das Leben. Das ist etwas sehr Kostbares, etwas unglaublich Kurzes. Was willst du in dieser Zeit machen? Deswegen gehts mir auch nicht darum, bestimmte Positionen zu erreichen oder Geld zu verdienen. Mir genügt es, dass ich gerade so rumkomme. Wenn es Wünsche, Ideen gibt, wie viel kann ich davon umsetzen? Das ist meine Lebenssumme und vielleicht auch der Versuch, dieser Frage etwas besser vorbereitet entgegenzugehen: Was hast du aus deinem Leben gemacht? War das alles?"

Doch Batz kreist nicht nur um sich selbst. Sein Ziel heißt "eine Grenzüberschreitung der Ich-Grenzen, eine Grenzüberschreitung zum Sein." Das zehnte und letzte Portalspiel für den Michel, "Compassione Misericordiae", wird genau dies zum Thema haben: "Wenn ich zum Beispiel an einem Bettler vorbeigehe und für einen Moment die Illusion habe, ich bin dieser Bettler, dann verstehe ich von innen heraus eine ganz andere Existenz, einen anderen Wertkanon, eine andere Lebensweise."

Der andere Part der Kompassionen seien die Misericordien, "ein Teil des Chorgestühls, der Steh- und Sitzhilfen gewährt. Die gibt es zum Glück auch im Leben an Orten, wo man sie dringend braucht, weil man nicht mehr stehen kann. Man sollte die Misericordien auch anderen sein. Wenn man sieht, die können nicht mehr stehen, die packen es nicht, dann sei ihnen eine Stehhilfe und Stütze, du brauchst es auch."

So kreist Batz weiterhin um eine Achse im Rücken, "die ich nie genau betrachte. Wenn ich versuchte, sie genau betrachten zu wollen, dann werde ich sie mit Sicherheit nicht sehen."