Altenseelsorge: Besuch im Pflegeheim. Was macht ein Heimseelsorger? Jürgen Probst gibt Einblicke in seinen Beruf.

"Hier ist Endstation", sagt Gerda Emmerich (81) ganz nüchtern - und meint damit ihr Einzelzimmer im Pflegezentrum Wandsbek/Mariental, das sie als Witwe bewohnt. Einzelne Möbelstücke und Wandschmuck erinnern an ihr früheres Leben. Glücklich und sorgenfrei sei dieses Leben gewesen, an der Seite ihres Ehemanns, eines leitenden Angestellten der Deutsch-Südamerikanischen Bank. 30 Jahre verbrachte das kinderlose Paar in Nord- und Südamerika, in den 1970er-Jahren ist es nach Hamburg zurückgekehrt.

Vor sechs Jahren erkrankte Herr Emmerich an Parkinson, beide mussten ihr Zuhause aufgeben und fanden im Pflegezentrum Wandsbek/Mariental Aufnahme.

Jürgen Probst (57) kennt die Lebensgeschichte von Frau Emmerich wie auch die meisten der anderen Bewohner hier. Seit 1999 ist er Pastor für Heimseelsorge und zuständig für das Pflegezentrum Wandsbek/Mariental mit 320 Bewohnern sowie das Pflegezentrum Holstenhof mit 250 Bewohnern und dessen Außenstelle, das Pflegeheim Öjendorf mit 130 Bewohnern. Darüber hinaus konzipiert und leitet er Projekte im Rahmen der Heimseelsorge, Sterbebegleitung und der Trauerarbeit.

"Seit gut zehn Jahren", sagt Jürgen Probst, "hat sich die Pflegesituation in den Alten- und Pflegeheimen dramatisch verändert: Es gibt immer mehr Bewohner, die aufgrund körperlicher und geistiger Erkrankungen schwerst pflegebedürftig sind; das Pflegepersonal ist durchweg in einer Überforderungssituation; die Zahl der besuchenden Angehörigen nimmt ab. Und diese Situation wird sich künftig noch verschärfen. Die Pflegeversicherung deckt nur die Minimalkosten für die körperliche Pflege ab."

Umso mehr Bedeutung kommt der Heimseelsorge zu, die noch mehr Unterstützung von außen braucht, auch von den Kirchen. Dabei geht es um alltägliche Unzufriedenheiten genauso wie um seelsorgerische Gespräche. Manchmal reicht auch nur eine Berührung oder ein aufmunterndes Wort.

Und wie begegnete Jürgen Probst jener pflegebedürftigen 65-jährigen Frau, auf der zusätzlich die Trennung von ihrem Mann und der Suizid ihres Kindes lasteten? "Ich möchte sterben, können Sie mir dabei helfen?", wandte sie sich an den Seelsorger. Er konnte es nicht in dem von ihr gewünschten Sinn. Aber er bot ihr immer wieder das Gespräch an, akzeptierte ihre Verbitterung, Verweigerung und ihre Angst, gewährte ihr Schutzraum. Begleitete sie, bis sie schließlich loslassen und sterben konnte.

Ortswechsel: Stationsgottesdienst im Pflegeheim Holstenhof. Frau Sperling (70) freut sich auf den Pastor. Wie lange sie schon hier lebt? "Schon immer." Der Pastor begrüßt alle zehn Besucher - darunter Demenzkranke und zwei Bettlägrige - mit Handschlag. Obwohl er an diesem Tag schon zwei Beerdigungen, zwei Geburtstagsbesuche und ein Seelsorgegespräch hinter sich hat, ist von Müdigkeit keine Spur. Seine lockere Ansprache überträgt sich wohltuend auf die Besucher. Gesang mit Keyboardbegleitung, Liturgie, Predigt, Gebet, Abendmahl, Segen. Dabei setzt Jürgen Probst auf Rituale und vertraute Lieder, die Geborgenheit schaffen. So erreicht er die alten Menschen, erzeugt sogar Lust zum Mitmachen. Als er nach 40 Minuten den Raum mit seinem sogenannten "Halleluja-Wagen" verlässt, auf dem er alles Gottesdienstzubehör verstaut hat, winken ihm die meisten nach.

Was gefällt ihm an seiner Arbeit? "Es ist hochspannend zu erfahren, wie die Menschen - 1916, 1922 geboren - ihr Leben gemeistert haben", sagt er. "Zum anderen: Wenn Sie jemanden beim Sterben begleitet haben, und es hat ihm gutgetan, bleibt ein gutes Gefühl. Das ist auch was Beglückendes." Und ein Schnack mit Frau Emmerich geht immer.