DEN HAAG. Auch in den Niederlanden, einst Musterland für Integration, brodelt es unter der gesellschaftlichen Oberfläche. Das zeigte sich zuletzt im April dieses Jahres. Zwei Nächte lang lieferte sich damals die Polizei in der Stadt Den Bosch im Süden des Landes Straßenschlachten mit Bewohnern eines "Problemviertels".

Auslöser war damals eine oberflächliche TV-Serie über eine ganze Reihe verrufener Stadtteile. Nicht nur in dem Viertel Graafsewijk von Den Bosch fühlten sich die Anwohner diffamiert. Dort aber konnte der Bürgermeister nur mit Notverordnungen und einem harten Polizeieinsatz wieder Herr der Lage werden. Und die Diskussion über den richtigen Umgang mit Minderheiten wurde weiter angeheizt.

Als vor einem Jahr der islamkritische Filmemacher Theo van Gogh von einem radikal-islamischen marokkanischen Einwanderer erschossen wurde, reagierten die Niederländer geschockt.

Vor allem der politische Seiteneinsteiger Pim Fortuyn hatte aber schon zuvor die angeblich laffe Haltung der etablierten Politiker gegenüber den Problemen des Landes mit Einwanderern gebrandmarkt. Sein Erfolg - jäh beendet durch seine Ermordung im Mai 2002 - zwang die alteingesessenen Parteien dazu, sich den gesellschaftlichen Konflikten stärker zu widmen. Nun suchen die Niederländer nach dem richtigen Weg zwischen ihrer traditionellen toleranten Haltung und dem in der Bevölkerung verbreiteten Wunsch nach mehr "law and order".