Bundeskanzlerin Merkel sagte, sie verbinde mit Gauck vor allem die gemeinsame Vergangenheit in der DDR. Für Gauck habe sich der Weg von der Kirche in die Politik von fast alleine ergeben. Ihn zeichne aus, ein „wahrer Demokratielehrer“ geworden zu sein.

Berlin/Frankfurt. Joachim Gauck soll Bundespräsident werden. Darauf verständigten sich nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend Vertreter der schwarz-gelben Koalition mit den Spitzen von SPD und Grünen in Berlin. Der 72 Jahre alt Gauck soll die Nachfolge von Christian Wulff antreten, der am Freitag seinen Rücktritt erklärt hatte. Wulff steht wegen Vorgängen in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident unter dem Verdacht der Vorteilsannahme. Der evangelische Pfarrer und DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck war als Kandidat von SPD und Grünen bei der Bundespräsidentenwahl 2010 in der Bundesversammlung knapp unterlegen. Gauck war bis zum Jahr 2000 erster Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde.

+++ Porträt: Joachim Gauck - Freiheit als Lebensthema +++
+++ Die schwierige Suche nach einem gemeinsamen Bundespräsidenten +++

Die Wahl des parteilosen Gaucks zum elften Bundespräsidenten gilt als sicher, nachdem am Wochenende Union und FDP auf den Kandidaten der Opposition eingeschwenkt waren. Gauck wird als erster Ostdeutscher an der Spitze der Bundesrepublik stehen.

Bundeskanzlerin Merkel sagte, sie verbinde mit Gauck vor allem die gemeinsame Vergangenheit in der DDR. Für Gauck habe sich der Weg von der Kirche in die Politik von fast alleine ergeben. Ihn zeichne aus, ein „wahrer Demokratielehrer“ geworden zu sein. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte: „Ende gut, alles gut.“ Die Kandidatur von Gauck sei ein gutes und wichtiges Signal an die Bevölkerung. Er bedankte sich bei den Spitzen der schwarz-gelben Koalition für die Zustimmung zu Gauck. Es sei bedauerlich, dass Gauck nicht schon 2010 als Kandidat der SPD und Grünen gegen den am Freitag zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff gewählt worden sei. „Deswegen ist es gut, dass er jetzt ein gemeinsamer Kandidat ist.“

FDP-Chef Philipp Rösler , der zuvor beinahe einen Bruch der Koalition riskierte lobt, dass parteiübergreifend ein so guter Kandidat gefunden worden sei. Gauck könne verloren gegangenes Vertrauen in das höchste Staatsamt zurückbringen. Gauck sei eine Persönlichkeit, die die Menschen wieder mehr begeistern könne für die Demokratie. Er könne dem Amt wieder die Autorität verleihen, die ihm zustehe. Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von einem historischen Moment. Gauck sei jemand, der der Demokratie wieder Glanz verleihen könne. „Er ist ein Mann, das schätzen wir sehr, der den Dialog liebt. (...) Er kann Worte zum Klingen bringen.“ Er habe große Zustimmung in der Bevölkerung. Das sei eine wunderbare Voraussetzung dafür, dass er ein guter Präsident sein werde. Es sei ein wichtiges Signal, dass CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne es geschafft hätten, einen gemeinsamen Präsidenten-Kandidaten zu benennen, und sich die Parteien nicht im parteipolitischen Geschacher verzettelt hätten.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat dem künftigen Bundespräsidenten Joachim Gauck die ungeteilte Unterstützung seiner Partei zugesichert. „Sie haben das Vertrauen der CSU und das Vertrauen der Bayern“, sagte der Ministerpräsident am Sonntagabend in Berlin bei der Vorstellung Gaucks als gemeinsamer Kandidat von Koalition und Opposition. Seehofer sprach von einer guten Entscheidung für das Land. Gauck gehöre zu den wenigen deutschen Politikern, die schon in Wildbad Kreuth gewesen seien, hob Seehofer hervor. Dies sei ein gutes Rüstzeug für die verantwortungsvolle Tätigkeit, die Gauck erwarte.

(abendblatt.de/Reuters/dpa)