Anleger werfen Christian Wulff vor, als VW-Aufsichtsrat angeblichen Tricksereien von Porsche nicht Einhalt geboten zu haben.

Düsseldorf/Hamburg. Mitten in der Kredit- und Medienaffäre sind gegen Bundespräsident Christian Wulff nun auch Vorwürfe wegen seiner früheren Tätigkeit als VW-Aufsichtsrat laut geworden. VW-Investoren halten Wulff nach einem Bericht der "Wirtschaftswoche“ vor, während der Übernahmeschlacht von Porsche und Volkswagen Pflichten verletzt zu haben. So habe er - als niedersächsischer Ministerpräsident Mitglied im VW-Kontrollgremium - nicht verhindert, dass Anleger getäuscht worden seien. Die Investoren fordern dem Bericht zufolge knapp 1,8 Milliarden Schadensersatz.

Wulff bestätigte über eine Wirtschaftskanzlei, dass ihm ein Antrag auf Einleitung eines außergerichtlichen Güteverfahrens zugestellt worden ist. Wulff lehnt ein solches aber ab: "Herr Wulff wird sich an der Durchführung des Güteverfahrens nicht beteiligen“, erklärte am Freitag die Kanzlei CMS Hasche Sigle, die nach eigenen Angaben ehemalige und aktuelle Aufsichtsratsmitglieder von VW berät, die das Land Niedersachsen vertreten.

Der Güteantrag sei auf Sachverhalte gerichtet, die seit längerer Zeit in der Öffentlichkeit erörtert wurden und enthalte keine Neuigkeiten, heiß es in der Mitteilung der Kanzlei. Er beziehe sich auf Klagen vor dem Braunschweiger Landgericht im Zusammenhang mit dem Übernahmekampf zwischen Porsche und VW. Dort klagen Investoren auf Schadenersatz, weil sie sich von Porsche fehlerhaft informiert sehen. Dabei geht es um knapp 1,8 Milliarden Euro.

Weil sich Wulff nicht an dem Güteverfahren beteiligen wolle, könne es auch nicht durchgeführt werden, sagte CMS-Partner Christian von Lenthe der dpa. "Das geht nur, wenn beide Seite grundsätzlich damit einverstanden sind.“ Es sei allerdings noch offen, ob es nun zu einer Klage gegen Wulff kommen könnte.

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Laut "Wirtschaftswoche“ haben insgesamt 67 Anleger, darunter Banken und Versicherungen, einen Antrag auf Einleitung eines außergerichtlichen Güteverfahrens bei der staatlich anerkannten Gütestelle CenaCom in Karlsruhe gestellt. Dort konnte wegen des Feiertags in Baden-Württemberg am Freitag niemand Auskunft geben. Wulff habe "schweigend und untätig zugesehen, wie Porsche Nutznießer der Kapriolen (an der Börse) wurde und 5,4 Milliarden Euro Beute machte“, zitiert die "Wirtschaftswoche“ aus dem Antrag.

Zahlreiche Investoren beschuldigen den Sportwagenbauer, er habe Investoren 2008 bei seinem später gescheiterten Übernahmeversuch von VW hinters Licht geführt und seine wahren Absichten verborgen. Durch diesen Verstoß gegen Transparenzpflichten im Aktienrecht seien Kursturbulenzen verursacht worden, die Anlegern teilweise massive Verluste eingebracht hätten. Es gibt deshalb bereits mehrere Schadenersatzklagen gegen den Autokonzern in Stuttgart und Braunschweig.

Die Investoren machen laut "Wirtschaftswoche“ geltend, dass sie von Porsche rechtswidrig getäuscht worden seien. Wulff, der im Aufsichtsrat von VW den 20-Prozent-Anteil des Landes vertrat, trage daran eine Mitschuld, weil er schon vor dem Oktober 2008, als Porsche die Übernahmepläne bekanntgab, über die Absichten von Porsche informiert gewesen sei. Er habe es versäumt, für rechtzeitige Informationen der Marktteilnehmer zu sorgen. Ähnliche Vorwürfe sind auch früher auch gegen die VW-Führung und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch erhoben worden.

Unterdessen bestätigte das Landgericht Braunschweig am Freitag, dass sich weitere Anleger den Schadenersatzklagen gegen Porsche angeschlossen hätten. Ein entsprechender Schriftsatz sei Ende Dezember eingegangen, teilte die Kammer mit. Zu Einzelheiten machte das Gericht keine Angaben.

Laut "Wirtschaftswoche“ ist die Höhe der Forderungen damit auf über vier Milliarden Euro gestiegen. Zu den bislang 41 Klägern in Braunschweig seien 26 weitere hinzugekommen, sie machten einen Schaden von insgesamt 1,8 Milliarden Euro geltend. Außerdem forderten fünf Einzelinvestoren in einem separaten Verfahren 351 Millionen Euro von Porsche. Beim Landgericht Stuttgart war zum Jahresende zudem eine Klage von mehreren Fonds eingegangen, die fast zwei Milliarden Euro verlangen. Auch in den USA machen Investoren Ansprüche geltend. (dpa)

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