Die Kreditaffäre und Seehofers Rentenvorstoß sorgen schon vor dem heutigen Treffen der Landesgruppe für Erklärungsbedarf. Erstmals eine Frau als Gastgeberin

Kreuth. Die Berliner CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat es derzeit nicht leicht. Eigentlich ist es üblich, dass die Vorsitzenden der CSU-Bundestagsabgeordneten vor der traditionellen Winterklausur im oberbayerischen Wildbad Kreuth mit Attacken auf den politischen Gegner und die Koalitionspartner Aufmerksamkeit erregen wollen. Doch Hasselfeldt, die erste Frau als Gastgeberin in Kreuth, musste vor allem erklären und verteidigen - das Verhalten von Bundespräsident Christian Wulff, aber auch das Vorgehen ihres Parteivorsitzenden Horst Seehofer. So ging es gestern bei einem Deutschlandfunk-Interview zunächst nicht um die Klausur, sondern um den Umgang von Wulff mit der Presse im Zusammenhang mit der sogenannten Kreditaffäre. Hasselfeldt blieb zurückhaltend: "Ich weiß nicht, was in den Gedanken des Bundespräsidenten vorgeht, das kann nur er selbst aufklären, den Sachverhalt. Und das, denke ich, wird er tun."

Nächstes Thema war der jüngste Vorstoß von Seehofer zur Rente mit 67, der auch innerhalb der Berliner Koalition auf Widerspruch gestoßen war. Hasselfeldt zeigte Verständnis für ihren Parteichef: "Horst Seehofer hat recht mit seiner Mahnung, dass die Beschäftigung der älteren Arbeitnehmer ernst genommen werden muss." Im Übrigen habe Seehofer auch "darauf hingewiesen, dass die Rente mit 67 die richtige Antwort auf die demografische Entwicklung ist". Schon vor rund einem Jahr hatte der CSU-Chef mit ähnlichen Äußerungen zum selben Thema für Wirbel gesorgt. Im Oktober 2010 drohte er sogar damit, den bisherigen Konsens beim Thema Rente mit 67 "aufzukündigen". Der damalige CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich reagierte scharf: "Die Rente mit 67 steht nicht zur Disposition."

Doch Hasselfeldt setzt eher auf verbindliche Töne - auch gegenüber dem Koalitionspartner FDP. Für die Liberalen steht viel auf dem Spiel. Vom Gelingen des diesjährigen Dreikönigstreffens in Stuttgart kann abhängen, ob Parteichef Philipp Rösler doch noch für neuen Schwung sorgen und damit sein politisches Überleben sichern kann. Zeitgleich wird am Freitag die Klausur der CSU-Landesgruppe ein Ende finden. Hasselfeldt ging sehr freundlich mit der FDP um und versicherte: "Die Koalition ist handlungsfähig." Es liege "in der Natur der Sache, dass wir bei manchen Themen auch intensive Diskussionen haben". Hasselfeldt fügte hinzu: "Aber insgesamt ist eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit spürbar." Voraussichtlich wird auch in den nächsten Tagen der berüchtigte "Geist von Kreuth" in der Flasche bleiben. Im Jahr 1976 hatte die CSU an dem idyllischen Ort in der Nähe des Tegernsees nach der von der Union verlorenen Bundestagswahl völlig überraschend die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufgekündigt. So weit kam es dann doch nicht, der Schock in der Union saß allerdings tief.

Aber dieses Jahr dürften der jetzigen CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel allzu heftige Attacken aus den bayerischen Bergen erspart bleiben. Denn die CSU-Spitze hat schon die Devise ausgegeben, dass mit Blick auf das schwierige Wahljahr 2013 vor allem die Erfolge der schwarz-gelben Koalition hervorgehoben werden müssen - als Zielscheibe soll deshalb nur die Opposition dienen.