Naturschutz könnte bei Flugrouten verletzt werden. Bund bekennt sich weiter nicht zu Platzeck als Flughafen-AR-Chef.

Berlin. Die Bundesregierung hat sich angesichts eines möglichen EU-Verfahrens gegen die Flugrouten am geplanten Großflughafen Berlin gelassen gezeigt. Der Bund habe bislang keine Kenntnis von Bedenken der Europäischen Union gegen die Routen, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums am Freitag in Berlin. „Wir sehen einem möglichen Verfahren gelassen entgegen.“ Die EU-Kommission hat in einem Schreiben an die Bundesregierung aus Naturschutzgründen Bedenken gegen die Flugrouten geäußert. Daraus könnte sich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ergeben, sagte Kommissionssprecher Joe Hennon in Brüssel. Unterdessen forderte die Lufthansa massive Investitionen in den Flughafen Tegel, der wegen der erneuten Verschiebung der BER-Eröffnung nun noch länger in Betrieb bleibt.

Die neuen Flugrouten, deren Umweltverträglichkeit nicht überprüft worden sei, führten über Natur- und Vogelschutzgebiete, sagte der EU-Sprecher. Deswegen habe es einen Briefwechsel mit der Bundesregierung gegeben. Eine der Optionen sei ein Vertragsverletzungsverfahren. Aber soweit sie man noch nicht.

Die vom Bundesamt für Flugsicherung ausgearbeiteten Routen hatten bereits wegen der Lärmbelastung der Anwohner für massive Proteste gesorgt. Brandenburg verwies auf die Zuständigkeit des Bundes in diesen Fragen. Nach einer Neufestlegung der Routen habe das Land den Bund bereits 2010 auf mögliche Konflikte mit dem Natur- und Vogelschutz hingewiesen, teilte das Potsdamer Verkehrsministerium mit.

Der zuletzt angepeilte Starttermin im Oktober für den neuen Großflughafen war am vergangenen Wochenende erneut auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Als Konsequenz gibt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit den Chefposten im Aufsichtsrat ab. Anteilseigner der Flughafengesellschaft sind Berlin und Brandenburg (je 37 Prozent) sowie der Bund (26 Prozent). Nach einem Spitzentreffen der Gesellschafter am Mittwochabend hatte Wowereit betont, der Vorsitz des Gremiums werde nach Brandenburg wechseln. Auch dessen Ministerpräsident Matthias Platzeck hatte danach gesagt, er gehe davon aus, den Chefposten zu übernehmen. Vor dem Treffen hatte es in Koalitionskreisen geheißen, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe Vorbehalte. Allerdings hatte auch Schäuble an dem Gespräch teilgenommen. Der Bund will sich öffentlich vor der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch nicht auf Platzeck festlegen, spricht aber von einer einvernehmlichen Lösung.

Bei der Aufsichtsratssitzung wird zudem die Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz erwartet. Die Benennung eines Nachfolgers schon in der nächsten Woche gilt als unwahrscheinlich. Der Kölner Flughafenchef Michael Garvens, der als ein möglicher Kandidat galt, sagte dem Kölner „Express„ jedoch, er werde seinen bis 2017 laufenden Vertrag erfüllen.

Die Lufthansa forderte, bei der Aufsichtsratssitzung müsse auch über dringende Investitionen in Tegel gesprochen werden. Dort seien die Zustände nicht mehr akzeptabel, sagte der Lufthansa-Vorstandstandsbevollmächtigte für Berlin, Thomas Kropp, der „Berliner Zeitung“ (Samstagausgabe). Wegen der BER-Verzögerung muss der Flughafen mehrere Jahre länger in Betrieb bleiben als geplant. Kropp sagte, viele Boarding-Computer seien nicht mehr einsatzfähig, so dass Passagiere oft ohne Computerunterstützung die Passagiere abgefertigt werden müssten. „Das ist zeitraubend und absolut unzeitgemäß.“ Die immer wieder ausfallende alte Gepäckanlage müsse grundlegend überholt werden. Auch müsse die Technik-Eingreiftruppe erheblich ausgeweitet werden, um im Störfall schnell reagieren zu können. Des weiteren müssten auch die Toiletten im Terminal saniert werden, die „zum großen Teil einer deutschen Hauptstadt unwürdig“ seien.