Die Regierung will dem Mittelstand rasch unter die Arme greifen.

Berlin. Kleine und mittlere Betriebe in den Hochwassergebieten können auf rasche Hilfe aus einem Sofortprogramm von Bund und Ländern hoffen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vereinbarte gestern in Berlin eine Reihe von Hilfsmaßnahmen mit Vertretern von Handwerk, Banken und den betroffenen Ländern. Dazu zählt ein Schuldenmoratorium und eine Soforthilfe von bis zu 15 000 Euro pro Betrieb. Schröder sagte, Ziel des Sofortprogramms sei es, dass es für kein Unternehmen nach der Flut schwerer sei als vorher. "Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass der Neuanfang so schnell als irgendwie möglich ins Werk gesetzt werden kann." Vorgesehen sind als Sofortmaßnahmen auch, dass die Bundesanstalt für Arbeit die Kosten für Null-Kurzarbeit übernimmt. In einer zweiten Phase sollen die eigentlichen Hilfen anlaufen, darunter günstige Kredite, die vom Staat abgesichert werden. Abhängig vom Einzelfall soll auch eine Schuldenstreichung geprüft werden - von bis zu 100 Prozent, wenn der Betrieb völlig zerstört ist. Dass Schuldenstreichungen nicht schon in die Tat umgesetzt werden, begründete Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) damit, dass auch die Banken vor Ort stark von Flutschäden betroffen seien. Vor allem kleine und mittlere Betriebe sind durch die Folgen der Jahrhundertflut in ihrer Existenz bedroht. Der Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Dieter Philipp, befürchtet die Pleite von 25 000 Betrieben und den Verlust von bis zu 200 000 Arbeitsplätzen im Handwerk. Der DGB ist dagegen der Auffassung, dass die mittelständische Industrie und das Handwerk in den betroffenen Regionen von der konjunkturellen Wirkung des Hilfsprogramms profitieren wird. Bundesbauminister Kurt Bodewig (SPD) wies darauf hin, dass es Erleichterungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geben werde. "Infrastruktur in den betroffenen Gebieten muss schnell wieder hergestellt werden, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern", schrieb Bodewig an seine nachgeordneten Behörden und an die Länder. "Kein einziges Projekt wird in Frage gestellt", sagte Bodwig gestern in Berlin nach einem Gespräch mit Bahn-Chef Hartmut Mehdorn über die Beseitigung der Schäden in Ostdeutschland. Es könne lediglich bei Vorhaben wie etwa Ortsumgehungen Verzögerungen geben, sagte der Minister. Die Bundesregierung erwägt im Rahmen der Soforthilfe übrigens auch, rund zwei Millionen Alleinerziehende bei der Finanzierung der Flutschäden zu entlasten. Dies ergaben entsprechende Gespräche zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Finanzministerium, sagte gestern ein Regierungssprecher in Berlin.