93 Prozent der Bürger glauben nicht an die Zusage der CDU/CSU. Trotzdem erzielt die Union Bestwerte in einer neuen Umfrage.

Berlin. Die Debatte um mögliche Steuersenkungen nach der Bundestagswahl gerät immer mehr in den Mittelpunkt der politischen Agenda. Die Sozialdemokraten, die die von der Union vorgesehene Entlastung mittlerer Einkommen ablehnen, werfen der CDU/CSU Wahlbetrug vor. "Wer den Menschen heute Steuererleichterungen verspricht, betrügt sie wider besseres Wissen", sagte der scheidende SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck vor den Abgeordneten seiner Partei.

Er griff auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) direkt an, berichtete die "Passauer Neue Presse". Die größte Weltwirtschaftskrise der Nachkriegszeit könne nicht mit leeren Versprechungen oder einem Lächeln auf roten Teppichen überwunden werden, sondern nur mit harter Arbeit, wird Struck zitiert. Auch der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte mit Blick auf Merkel: "Wer angesichts dessen Steuersenkungen verspricht, der belügt die Leute schlechthin und der wird es auch nicht durchhalten." Derartige Steuerversprechen seien nicht seriös, sondern eine "Politik von Wischi nach Waschi". Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach entgegnete gegenüber dem Abendblatt: "Altkanzler Schröder sollte sich im Wahlkampf zurückhalten. Denn die Menschen haben sicherlich nicht vergessen, dass er mit seiner Politik gescheitert ist, ansonsten hätte es ja 2005 keine Neuwahlen geben müssen."

Nach einer neuen Umfrage des Forsa-Instituts glauben indes nur fünf Prozent der Deutschen daran, dass es nach der Wahl zu Steuersenkungen kommt - 93 Prozent aber nicht. Bosbach sagte, dies bedeute: "Die Union wird es sich nicht erlauben können, nach der Wahl eine andere Politik zu machen als im Wahlkampf verkündet. Es geht um Vertrauen und Glaubwürdigkeit."

Dass der Union kaum einer ihre Ankündigung abnimmt, schadet ihr in der Wählergunst bisher jedenfalls nicht. Im Gegenteil. In der Forsa-Umfrage erzielte die CDU/CSU wie in der Vorwoche 36 Prozent - den bisherigen Jahresbestwert.

Die SPD fiel dagegen um einen Punkt und liegt mit 21 Prozent auf ihrem Jahrestief. Bosbach sagte dazu: "Es schadet der Union keineswegs, wenn das Thema Steuersenkungen bis zur Bundestagswahl auf der Agenda bleibt. Im Gegenteil, diese Debatte wird uns nützen. So werden die Unterschiede zur Politik der SPD deutlich. Es ist ein Irrglaube der Sozialdemokraten, man könne nachlassende Staatseinnahmen mit ständig höheren Steuersätzen ausgleichen. Grund für die zurückgehenden Steuereinnahmen ist die Finanz- und Wirtschaftskrise, nicht etwa zu geringe Steuersätze." Soziale Gerechtigkeit heißt für die Union, "auch dafür zu sorgen, dass Durchschnittsverdiener wie z. B. Facharbeiter nicht länger mehr als die Hälfte jeder Lohnerhöhung direkt ans Finanzamt abführen müssen."

Der Städtebund warnte aber angesichts der hohen Staatsverschuldung vor Steuersenkungen. "Es besteht die Gefahr, dass wir politisch handlungsunfähig werden und immer tiefer im Schuldensumpf versinken", sagte Geschäftsführer Gerd Landsberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die SPD sieht sich hierdurch bestätigt. Generalsekretär Hubertus Heil sagte dem Abendblatt: "Es sind Deutschlands Bürgermeister - gleich welcher Partei - die wissen, dass die schwarz-gelbe Finanzpolitik unseren Städten und Gemeinden schaden würde. Deutlich wird dabei auch: Frau Merkel hat kein Ohr für die Nöte in den Kommunen. Sie ist abgehoben. Für Sozialdemokraten dagegen gilt: Städte und Gemeinden sind nicht das Kellergeschoss der Demokratie, sie sind das Fundament des demokratischen und sozialen Gemeinwesens."