Der Vorschlag aus der CDU für einen prozentual gestaffelten Zusatzbeitrag stieß beim Koalitionspartner FDP auf Ablehnung.

Berlin. Begleitet von Vorwürfen suchen Union und FDP weiter nach einem Rezept zur Deckung des Milliardendefizits in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Auf neue Eckpunkte will sich die Koalition in der kommenden Woche einigen. Ein am Donnerstag bekanntgewordener Vorschlag aus der CDU für einen prozentual gestaffelten Zusatzbeitrag stieß beim Koalitionspartner FDP auf Ablehnung, bei der oppositionellen SPD auf scharfe Kritik.

FDP-Fraktionsvizechefin Ulrike Flach sagte vor einem Treffen der Fachpolitiker in Berlin, vor allem die CSU habe die bisherigen Vorschläge blockiert. Den Bürgern dürfe aber nicht jede Woche ein neues Modell präsentiert werden. „Wir sind für Lösungen gewählt“, mahnte Flach. „Wir haben es ja mit einem Koalitionspartner zu tun, der immer gerne erzählt, wo er nicht sparen möchte“, monierte die Freidemokratin.

Ihr CSU-Kollege Johannes Singhammer sagte: “Wir wollen im Laufe der nächsten Woche zu Eckpunkten kommen.“ Die Koalition werde Einsparungen in Höhe von 4 Milliarden Euro im Jahr erreichen. Nullrunden für Ärzte solle es nicht geben - eine Wiederholung der jüngsten Zuwächse aber auch nicht. Die Koalition werde verhindern, dass die Kassen im kommenden Jahr das drohende Defizit von 11 Milliarden Euro einfahren. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach bezifferte das Loch sogar auf 15 Milliarden. Der Koalition warf er Untätigkeit vor.

Zuvor hatten die Partei- und Fraktionsspitzen von Union und FDP im Kanzleramt über das Gesundheitssparprogramm beraten. Schon an diesem Freitagvormittag will die Runde wieder zusammenkommen. Es geht nach dem Willen der Regierung um ein Konzept aus Einsparungen und Zusatzbelastungen für die Versicherten. Singhammer sagte, es könne sinnvoll sein, die Zusatzbeiträge zu erweitern.

Die FDP winkte beim Kompromissmodell gestaffelter Zusatzbeiträge ab. „Falls es das Modell ist, das die CDU vor drei Wochen in die Beratungen eingebracht hat, dann spielt es keine Rolle mehr“, sagte Flach der Zeitung „Die Welt“ (Freitag). Auch aus der Union selbst kamen ablehnende Signale.

Das CDU-Modell, über das die „Frankfurter Rundschau“ berichtete, belaste ausschließlich mittlere Einkommen, erklärte Lauterbach. Danach zielt das Konzept auf eine Staffelung des Zusatzbeitrages zwischen 1,0 und 2,5 Prozent des Bruttoeinkommens. Für Gutverdiener stiege die Belastung damit von bisher höchstens 37,50 Euro auf 93,75 Euro.

Die Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD), sagte, mit diesem Konzept sollten die Versicherten das Defizit alleine zahlen. „Das ist keine Solidarität.“ Die Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender warf der Koalition vor, „nur noch mit Gesichtswahrung“ beschäftigt zu sein. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach lehnte eine Ausweitung der Zusatzbeiträge ab. Sie forderte die Rückkehr zur paritätischen Beitragsgestaltung.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte ein schlüssiges Konzept. Wirtschaftlichkeitsreserven gebe es im Arzneimittelvertrieb, bei den Krankenhäusern und der Ärztevergütung. Einer Studie zufolge könnten die Krankenkassen jährlich 1,4 Milliarden Euro ihrer Verwaltungskosten von 10,5 Milliarden Euro einsparen. Die Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) wurde im Auftrag der Betriebskrankenkasse BIG direkt gesund erstellt.