Heide Simonis schreibt im Abendblatt: “Das ist menschlich ekelig.“ Aus der Traum: Jetzt kann sie doch nicht Roland Koch im Amt des Regierungschefs ablösen. Bald Neuwahlen?

Hamburg. Der geplante Machtwechsel in Hessen ist in letzter Minute geplatzt. Die vier SPD-Landtagsabgeordneten Jürgen Walter, Carmen Everts, Silke Tesch und Dagmar Metzger verweigerten der hessischen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti gestern überraschend die Gefolgschaft. Die für heute geplante Sondersitzung des Landtags zur Wahl Ypsilantis wurde daraufhin abgesagt. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) bleibt weiter geschäftsführend im Amt.

Als Grund nannten die vier Bedenken gegen die Linkspartei, die eine rot-grüne Minderheitsregierung in Hessen tolerieren sollte. Einer solchen Konstellation werde man nicht zustimmen, hieß es in einer Erklärung. Sie würde dem Land und seiner Partei schaden, sagte Walter, der auch Ypsilantis Stellvertreter im Landesvorsitz der SPD ist, gestern in Wiesbaden. "Ich kann diesen Weg meiner Partei in Hessen nicht mitgehen." Die Linke habe extremistische Tendenzen. Von den vier Abtrünnigen hatte nur Dagmar Metzger schon vorher ihre Ablehnung der Linkspartei öffentlich gemacht . Daran war bereits Ypsilantis erster Versuch gescheitert, Ministerpräsidentin zu werden. Erst am Wochenende hatte ein SPD-Parteitag den Koalitionsvertrag mit 95 Prozent der Stimmen gebilligt .

Koch mahnte gestern eine schnelle Lösung der festgefahrenen Lage in Hessen an. "Es muss ein Weg gefunden werden, den Bürgern in absehbarer Zeit zu sagen: Das ist jetzt die Entscheidung", sagte der CDU-Politiker. Infrage kämen die Bildung einer neuen Regierung aus CDU und SPD oder CDU, FDP plus Grünen oder Neuwahlen.

Die hessischen Grünen haben die Hoffnung auf ein Regierungsbündnis mit der SPD aufgegeben. "Ich muss mit niemandem reden, der keine Mehrheit darstellen kann", sagte der hessische Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir. Neuwahlen seien "ein gutes Stück näher gerückt".

Die Fraktion der Linken sprach von "einem schwarzen Tag für Hessen". Der rechte SPD-Parteiflügel ermögliche es, dass "Vertreter der Stahlhelm-Fraktion der CDU weiter auf der Regierungsbank Platz nehmen dürfen".

SPD-Chef Franz Müntefering bezeichnete das Scheitern des Machtwechsels als "schweren Schlag" für die hessische SPD. Im SPD-Präsidium habe die Nachricht eine "Mischung aus Betroffenheit und Empörung" ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte dagegen das Platzen des Linksbündnisses. "Nun gibt es wieder eine Chance, eine stabile Regierung für Hessen zu bilden", sagte sie der "FAZ": "Es ist ein Gewinn für die politische Kultur, dass es nicht zu einem Regierungswechsel kommt, der auf Wortbruch gegenüber den Wählern beruht."