CDU und SPD sprechen von “normaler Anpassung“, die Opposition von “Abzocke“.

Berlin. Diesmal gab es in der Großen Koalition keinen Streit: Nur fünf Monate nach der letzten Steigerung gönnen sich die Bundestagsabgeordneten erneut eine kräftige Diätenerhöhung. Als Folge des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst soll ihre Besoldung bis Anfang 2010 stufenweise um 820 Euro auf 8159 Euro steigen - darauf einigten sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD. Erst Anfang des Jahres waren die Diäten um 330 Euro auf derzeit 7339 Euro angehoben worden, auf dieselbe Besoldungsstufe wie Bundesrichter.

Insgesamt bekommen die 612 Parlamentarier damit bis 2010 gut 16 Prozent mehr Geld. Zudem werden die Gehälter der Kanzlerin, der Minister und der Staatssekretäre erhöht, und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2008 um 3,1 Prozent sowie zum Januar 2009 noch einmal um 2,8 Prozent.

SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, die Diätenerhöhung sei eine "ganz normale Anpassung", vergleichbar mit der für Bundesbeamte: Auch deren Bezahlung soll ansteigen. Norbert Röttgen, der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, nannte den Schritt ebenfalls "angemessen". Die Fraktion stimmte der Erhöhung mit nur einer Enthaltung zu. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, man habe die Anpassung an die Besoldung der Bundesrichter beschlossen, "damit eben nicht mehr die Abgeordneten jedes Mal die Hand heben müssen bei den Geschichten".

Die Opposition reagierte dagegen mit scharfer Kritik auf den Plan der Regierungs-parteien. "Das riecht nach Abzocke", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth: "Die Regierung kann sich auf nichts einigen, außer es geht ums eigene Portemonnaie." Fraktionschef Fritz Kuhn lehnte den Diäten-Automatismus ab, solange nicht die Alterssicherungsprivilegien der Abgeordneten abgebaut würden. Die FDP forderte einen "Systemwechsel bei der Abgeordnetenversorgung". Parteichef Guido Westerwelle sagte, die Koalition zeige ein erstaunliches Maß an Lebensfremdheit und Abgehobenheit.

Als "schamlos und unverschämt" bezeichnete die Partei Die Linke das Vorhaben. Fraktionschef Oskar Lafontaine rief Arbeitslose und Rentner zu Demonstrationen vor dem Reichstag auf. Kritisch äußerte sich auch der Bund der Steuerzahler: "Ich habe den Eindruck, dass der Widerstand gegen die Erhöhung im öffentlichen Dienst deshalb so gering war, weil man die Diäten erhöhen wollte", sagte Präsident Karl Heinz Däke. Das sei eine "Unverschämtheit". Der Sozialverband Deutschland sprach von einer "unglaublichen Selbstbedienungsmentalität".