Die SPD ringt weiter um den richtigen Umgang mit der Partei Die Linke. Parteichef Kurt Beck räumte gestern erstmals offen eine strategische Fehleinschätzung ein. Er hätte besser den Empfehlungen des früheren SPD-Vizekanzlers Franz Müntefering folgen sollen und müsse diesem jetzt Abbitte leisten, sagte Beck in Anwesenheit Münteferings vor der SPD- Bundestagsfraktion. Müntefering habe mit seiner Position Recht gehabt, auch den SPD-Verbänden im Westen freie Hand bei einer Zusammenarbeit mit der Linken zu geben. Beck selbst hatte dies damals noch strikt abgelehnt.

In der Fraktions-Aussprache über die Vorgänge bei der Regierungsbildung in Hessen mit mehr als 40 Wortmeldungen gab es zum Teil massive Kritik an der SPD-Spitze und auch an Beck. Mehrere Abgeordnete bemängelten, es habe keine Versuche gegeben, die parteiinterne Debatte zu ordnen. Eine Regie sei nirgendwo spürbar gewesen. Der niedersächsische Abgeordnete Gerd Andres warf Beck persönlich "Strategiefehler und ein Glaubwürdigkeitsproblem" vor. Nach Angaben von Teilnehmern war der Beifall für Beck nach seiner Rede in der Fraktion eher zurückhaltend.

Dieser verteidigte sein Vorgehen. "Wenn man einen Strategiewechsel vornimmt, gibt es eben Geruckel", sagte er mit Blick auf die zunächst gescheiterte Öffnung zur Linken in Hessen. Die SPD dürfe aber "nicht tatenlos" zusehen, während die CDU ihren Spielraum bei möglichen Koalitionen etwa mit den Grünen erweitere.

In auffällig scharfer Form grenzte sich Fraktionschef Peter Struck von den Linken ab. "Mit dieser Partei ist auf Bundesebene kein Staat zu machen", erklärte er. Auch über 2009 hinaus sei die Partei auf der Bundesebene für die SPD weder koalitions- noch regierungsfähig. "Sie würde uns außenpolitisch in die Isolation treiben, finanzpolitisch in den Staatsbankrott führen und sozialpolitisch ins letzte Jahrhundert zurück katapultieren", so Struck.

Vor der Fraktionssitzung hatte Struck gesagt, er respektiere die Entscheidung der hessischen SPD-Landtagsabgeordneten Dagmar Metzger, ihr Landtagsmandat zu behalten. "Ich halte es für richtig, dass ein Abgeordneter nach seinem Gewissen entscheidet", sagte er. Metzger müsse es mit ihrem Gewissen vereinbaren, wenn sie der Meinung sei, dass sie ihr Mandat behalten solle. "Niemand wird aus der SPD-Landtagsfraktion ausgeschlossen werden können." Dies gelte auch für die Partei. Struck fügte hinzu, Dagmar Metzger habe eine klare Position artikuliert. Dafür sei sie in der Partei nicht persönlich, nur politisch attackiert worden.

Die Union bezweifelt derweil, dass die Krise der Sozialdemokratie beendet ist. "Ich glaube, dass das Drama bei der SPD weitergeht", sagte der Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen. Die Sozialdemokraten seien in der Großen Koalition "ein geschwächter Partner".