Kommentar

Was ist eigentlich los bei Unicef? "Die letzten zweieinhalb Monate waren ein Albtraum", klagt der kommissarische Unicef-Vorsitzende Schlagintweit in einem Brief an die Mitglieder. Man habe "das Gefühl, es mit ungreifbaren, düsteren Kräften zu tun zu haben, ohne ein Ende zu sehen". Was für ein merkwürdiges, düsteres Geraune. Fakt ist: Unicef hat 5000 Dauerspender verloren; die Einnahmen sind im Hauptspendenmonat Dezember um 3,5 Millionen Euro hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Hinter all den Schlagzeilen scheint es mehr als eine Geschichte zu geben. Erstens die Geschichte einer Ex-Ministerpräsidentin, die wohl die besten Absichten hatte, ihre Kontrollfunktion als Vorsitzende aber erst erstaunlich spät entdeckte. Zweitens geht es um einen rührigen Geschäftsführer mit weitreichenden Vollmachten, der mit "einer gewissen Sorglosigkeit" und Eigenmächtigkeit zu Werke geht. Der dritte Punkt betrifft die Kernfrage aller gemeinnützigen Vereine, wie auch beim Hamburger Tierschutzverein: Wer kontrolliert eigentlich den Vorstand?

Selbst wenn keine Spenden veruntreut und Vergütungsregeln formell eingehalten wurden: Unicef ist laut Satzung verpflichtet, "selbstlos" tätig zu sein. Das heißt: Die Kosten müssen im vertretbaren Verhältnis zu den Hilfsleistungen stehen. Betragen die Verwaltungskosten nur deshalb offiziell zehn Prozent, weil ein Teil dieser Kosten als Projektausgaben verbucht wird? Das mag im Einzelfall sogar sinnvoll sein. Aber Fundraising ist heute eine eigene, heikle Branche. Die Grundsätze müssen Mitgliedern und Spendern geduldig offengelegt werden, erst recht, wenn es um eine Uno-Organisation geht. Hier hat Unicef seit Monaten ein Informations- und Glaubwürdigkeitsproblem. Von "ungreifbaren, düsteren Kräften" zu reden ist entweder blind oder naiv.