HAMBURG/WIESBADEN. Innerhalb von wenigen Stunden sind in Deutschland zwei Fälle bekannt geworden, in denen Mütter ihre Kinder umgebracht haben - acht Kinder sind tot. Der Wiesbadener Kriminalpsychologe Rudolf Egg warnt aber vor Verallgemeinerungen. "Man muss die Fälle unterscheiden", sagte Egg zum Abendblatt. In Sachsen habe die Mutter ihre Kinder nach und nach getötet, die Mutter in Schleswig-Holstein alle auf einmal. "Es liegt offenbar eine schwere psychische Erkrankung vor."

In den aktuellen Fällen seien die Chancen gering gewesen, die Kinder zu schützen. "Es gibt einfach Dinge, die brechen von einem Moment auf den anderen durch, ohne dass man das noch vernünftig erklären kann", so Egg, der von einer endogenen Psychose spricht. Mit den typischen Fällen von Tötungen Neugeborener habe das wenig zu tun. Dabei handele es sich in der Regel um sehr junge und ängstliche Frauen, die einmalig in eine Krisensituation geraten seien.

Trotz der Vielzahl an aktuellen Fällen ist aus seiner Sicht die Zahl der Kindstötungen in Deutschland nicht gestiegen. Das gebe die Statistik nicht her. "Wir sehen die Misserfolge mehr als die Erfolge", so Egg. In den vergangenen Jahren sei vieles bewegt und in Gang gesetzt worden, um dem vorbeugend entgegenzuwirken. "Weil oftmals das familiäre Netz nicht mehr funktioniert, muss der Staat das ausgleichen."