Hamburg. Wenn plötzlich Kraftwerke vom Netz genommen werden - wie jetzt in Krümmel und Brunsbüttel geschehen - können riesige Mengen an Strom zur Versorgung der Menschen und der Unternehmen auf einen Schlag nicht mehr produziert werden. Dennoch gehen die Lichter in den betroffenen Regionen nur kurz oder gar nicht aus. Grund ist ein ausgeklügeltes Modell, auf das sich die Kraftwerksbetreiber in Europa geeinigt haben. Es besteht aus drei Bausteinen, wie Vattenfall-Sprecher Peter Poppe sagte.

Jeder Stromerzeuger in Europa kann auf seinem Computer immer sofort erkennen, wenn irgendwo Kapazitäten ausfallen, weil dann die Spannung im Stromnetz fällt. Ist dies der Fall, erhöhen die anderen Kraftwerke ihre Kapazität und geben mehr Strom ins Netz. Das tun sie so lange, bis die Spannung im gesamten Netz wieder stimmt. Jeder Kraftwerksbetreiber kann erkennen, ob die Balance zwischen Angebot und Nachfrage nach Strom ausgeglichen ist oder ob er selbst noch etwas zusteuern muss, um die richtige Spannung zu schaffen. Als Voraussetzung dafür, dass dieser Mechanismus innerhalb von Sekunden funktioniert, haben sich alle Kraftwerksbetreiber verpflichtet, ihre Anlagen im Normalfall nie ganz hochzufahren, damit sie im Notfall reagieren können. In einem zusätzlichen Schritt können die Energiefirmen Ersatzkapazitäten wie Gaskraft- oder Pumpspeicherkraftwerke hochfahren, um die benötigte Menge an Strom zu erzeugen.

Als weitere Sicherheitsmaßnahme haben sich die Stromversorger verpflichtet, sich im Vorweg Stromerzeugungskapazitäten zu sichern, die abgerufen werden, wenn eines ihrer Kraftwerke ausfällt. Laut Poppe schreiben die Stromversorger diese Lieferverträge europaweit aus. Falls es, wie jetzt in Krümmel und Brunsbüttel, zu Produktionsausfällen kommt, wird der bestellte Strom von den entsprechenden Kraftwerken sofort geliefert.

Das klappt auch deshalb, weil es zwischen den verschiedenen europäischen Stromnetzen Verbindungen (Koppelstellen) gibt, die die Netze untereinander durchgängig machen. Erleichtert wird der Stromaustausch auch, weil es in Europa Überkapazitäten in der Stromerzeugung gibt. "Ganz Europa hilft solidarisch, wenn es irgendwo Probleme gibt", sagte der Geschäftsführer des Verbandes der Netzbetreiber (VDN), Konstantin Staschus.