Topverdiener: Gewerbliche Einkommen ausgenommen

BERLIN. Union und SPD haben sich nach heftigem Koalitionsstreit auf die Einführung einer Reichensteuer für Topverdiener mit mehr als 250 000 Euro Jahreseinkommen ab Anfang 2007 verständigt. Gewerbliche Einkünfte sollen davon ausgenommen werden. Das Bundeskabinett soll angesichts verfassungsrechtlicher Bedenken allerdings schon vor der Sommerpause Eckpunkte der für 2008 geplanten Unternehmenssteuerreform beschließen, teilten die Generalsekretäre Ronald Pofalla (CDU), Markus Söder (CSU) und Hubertus Heil (SPD) gestern mit.

Auf Drängen der SPD wurde die Zusatzsteuer für Reiche bereits in den Koalitionsvertrag geschrieben. Sie soll ab 1. Januar 2007 erhoben werden. Wer als Single im Jahr mehr als 250 000 Euro zu versteuern hat (Verheiratete: 500 000 Euro), muß dann einen Drei-Prozentpunkt-Aufschlag auf die Einkommenssteuer zahlen. Damit erhöht sich ihr Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent. Der Bund erhofft sich Mehreinnahmen von rund einer Milliarde Euro. Experten schätzen das Zusatzaufkommen aber nur auf 300 Millionen Euro.

Die Union bestand in den Koalitionsverhandlungen darauf, daß gewerbliche Einkommen von der Zusatzsteuer befreit werden. Finanzbeamte halten aber eine verfassungsmäßig eindeutige Trennung von privaten und gewerblichen Einkünften bei der Steuererhebung für nicht möglich. CDU-Generalsekretär Pofalla versicherte jetzt aber: "Die gefundene Regelung ist verfassungskonform, weil das Kabinett noch vor der Sommerpause Eckpunkte beschließt." So werde deutlich, daß es sich um einen Übergangszeitraum von zwölf Monaten handele. Mit der Unternehmenssteuerreform würden definitiv keine verfassungsrechtlichen Probleme mehr bestehen. Der Chef des Sachverständigenrats der Bundesregierung, Bert Rürup, warnte dagegen vor einem bewußten Verfassungsbruch bei der Einführung der Reichensteuer. "Wenn die unterschiedliche Belastung von gewerblichen Einkünften und nichtgewerblichen verfassungswidrig ist, dann wird dies nicht dadurch geheilt, daß man die Reichensteuer zeitgleich mit Eckpunkten einer Unternehmenssteuerreform des Jahres 2008 vorlegt", sagte Rürup der "Financial Times Deutschland".

Mit der Unternehmenssteuerreform könnte sich die Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Einkünften erübrigen. So könnten dann alle im Unternehmen verbleibenden Erträge niedriger belastet werden, ausgeschüttete Gewinne indes wie andere Einkünfte im Rahmen der Einkommenssteuertarife. Es soll "weitgehende Rechtsformneutralität" erreicht und die steuerliche Trennung zwischen Kapitalgesellschaften (AG und GmbH), die der Körperschaftssteuer unterliegen, und Personengesellschaften dann entfallen. Beim kürzlich wieder aufgeflammten Streit um die Reichensteuer ging es weniger um hohe Zusatzeinnahmen für die Staatskassen als vielmehr um Symbolik für die Koalitionspartner.

Im Zuge der Haushaltskonsolidierung und des Subventionsabbaus wird auch die Pendlerpauschale gekürzt. Sie soll für die ersten 20 Kilometer ganz abgeschafft werden. Vom 21. Kilometer an sollen 30 Cent je Entfernungskilometer gezahlt werden. Auch hier hatte es zunächst verfassungsrechtliche Bedenken gegeben. Zudem soll der Sparerfreibetrag gesenkt werden. Im Gespräch war bisher eine Reduzierung von 1370/2740 Euro auf 750/1500 Euro für Ledige/Verheiratete.