Bremen ist wieder das Schlußlicht. Obwohl die Stadt nach dem Desaster von 2001 viel investiert hat. Warum, Herr Senator?

Hamburg. ABENDBLATT: Sind Sie sehr enttäuscht, daß Bremen wie bei der letzten Bundesländerstudie "Pisa-E" im Jahr 2003 wieder nur Letzter geworden ist?

WILLI LEMKE: Nein, überhaupt nicht. Sowohl die Kultusministerkonferenz als auch die Pisa-Forscher haben uns bescheinigt, mit unseren Schulreformen auf dem richtigen Weg zu sein. Wir haben nach dem ersten Bundesländer-Vergleich unsere Aufgaben gemacht. Wir haben uns in allen Bereichen sehr stark verbessert und große Fortschritte gemacht. Ich hätte mir nie träumen lassen, daß das innerhalb so kurzer Zeit möglich ist. Deshalb fühle ich mich im Gegenteil sogar als einer der Gewinner der Pisa-E-Studie.

ABENDBLATT: Dennoch sind die Leistungsunterschiede weiter enorm. Pisa-E-Sieger Bayern liegt etwa eineinhalb Schuljahre vor Bremen. Der bayerische Bildungs-Staatsekretär sagt, türkische 15jährige dort könnten so gut lesen, wie die Bremer 15jährigen insgesamt.

LEMKE: Bayern hat auch nicht eine so schwierige Situation mit Migrantenkindern, wie wir sie in vielen Stadtteilen haben. Der Anteil der Ausländer unter den 15jährigen Schülern beträgt in Bremen 40 Prozent. In Bayern ist die Quote gerademal halb so hoch. Dies macht es sehr schwer, Chancengleichheit herzustellen und die Leistungen auf einen Stand wie in Bayern zu bringen. Nach wie vor ist auch der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Kompetenzniveau sehr hoch. Vor allem bei uns in Bremen. Das hat mich erschüttert. Wir werden aber alles versuchen, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Im Grunde lassen sich Stadtstaaten und Flächenländer hier aber nicht gut vergleichen.

ABENDBLATT: Was ist die Studie dann überhaupt wert?

LEMKE: Sehr viel! Der letzte Test war eine schallende Ohrfeige für alle. Nur deshalb wurden die Reformanstrengungen der letzten Jahre eingeleitet. Viele Maßnahmen, die wir zuvor einleiten wollten, konnten etwa gegen die Lehrergewerkschaft GEW nicht durchgesetzt werden. Daß wir jetzt Qualitätsstandards haben, daß Leistungskontrollen durchgeführt werden - das ist der Pisa-Studie zu verdanken.

ABENDBLATT: Der Reformeifer wird also anhalten?

LEMKE: Auf jeden Fall. Das ist in der Kultusministerkonferenz unstrittig. Wir müssen weitermachen mit unseren Bemühungen, den Schülern zu besseren Abschlüssen zu verhelfen. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen. Wir müssen Geduld haben. Den Lohn dieser Anstrengungen werden wir erst in einigen Jahren einstreichen können.