Kommentar

Wer soll eigentlich auf ein Wort rot-grüner Politiker noch etwas geben? Immer wieder hat die Koalition beteuert, sie wolle nicht weiter an der Steuerschraube drehen. Seit gestern gilt auch das nicht mehr. Rot-Grün langt jetzt doch zu, will die Tabaksteuer kräftig erhöhen und jede Packung Zigaretten um einen Euro verteuern und das Geld ins marode Gesundheitswesen pumpen. Gesundheitspolitisch lassen sich für einen solchen Schritt selbstverständlich gute Gründe in großer Zahl anführen. Es hat sich herumgesprochen, dass Rauchen höchst ungesund ist. Junge Leute sollten deshalb gar nicht erst anfangen und notorische Qualmer am besten rasch aufhören. Sollte die Verteuerung des Tabaks dazu führen, dass künftig mehr Menschen ihrer Sucht abschwören oder ihr nicht verfallen, wäre das also auf jeden Fall sinnvoll. Zugleich aber kommt das Vorhaben der Koalition einem Offenbarungseid gleich. Sie beweist, dass sie zu einer echten Sanierung von Staatsfinanzen und Sozialkassen nicht wirklich fähig ist. Um auf der einen Seite Kassenbeiträge zu senken, werden auf der anderen Seite Steuern erhöht. Unter dem Strich sinkt dadurch die Gesamtbelastung der Bürger meist nicht. Mit Reform hat das nichts zu tun. Reform wird hier nur vorgetäuscht. Dass die Koalition nebenbei ihre angeschlagene Glaubwürdigkeit weiter ramponiert, scheint sie nicht weiter zu stören. Doch sie weckt durch ihren Mangel an Standfestigkeit auch neue Begehrlichkeiten. Es gibt nicht wenige in der Politik und den Interessenverbänden, die lieber heute als morgen der Unbequemlichkeit des notwendigen Sparens und der Sanierung der öffentlichen Haushalte ausweichen möchten und deshalb wider jede Vernunft für höhere Steuern und höhere Schulden plädieren. Diesem Druck standzuhalten ist seit gestern schwerer geworden.