Unterstützung für den Präsidenten und das islamische Recht. Streit über Verfassungsentwurf. Opposition kündigt weitere Proteste an.

Kairo. Einen Tag nach einer Großdemonstration der ägyptischen Opposition haben sich am Samstag auch die Anhänger der Regierung lautstark zu Wort gemeldet. Zehntausende Menschen folgten dem Aufruf der Muslimbruderschaft und gingen auf die Straßen, um sich hinter Präsident Mohammed Mursi und das islamische Recht zu stellen. Die Demonstration galt als Test der Stärke für die Islamisten, die mit den Kundgebungen auf zwei Großdemonstrationen der Opposition in dieser Woche reagierten.

In Kairo kamen mehr als 10.000 Demonstranten vor der Universität zusammen, schwenken ägyptische Flaggen und reckten Fotos von Mursi in die Höhe. „Die Menschen unterstützen die Entscheidung des Präsidenten“, riefen die Demonstranten. Sie bezogen sich damit auf die Dekrete, mit denen sich Mursi vergangene Woche fast unbegrenzte Macht verlieh. Auf den Schildern der Demonstranten stand geschrieben „Ja zur Stabilität“ und „Ja zum islamischen Recht“.

Die Bruderschaft wollte die Kundgebungen ursprünglich auf dem Tahrir-Platz in Kairo veranstalten. Sie erklärte dann jedoch, sie habe von diesem Vorhaben Abstand genommen, um eine Konfrontation mit Anhängern der Opposition zu verhindern. Eine weitere Demonstration in Luxor wurde nach Zusammenstößen am Freitag abgesagt.

Am Freitagabend hatten Zehntausende Menschen gegen den im Eiltempo durchgepeitschten Verfassungsentwurf der Verbündeten von Präsident Mursi protestiert. Die Opposition kündigte weitere Proteste an und möglicherweise auch einen Marsch auf den Präsidentenpalast, mit dem verhindert werden soll, dass Mursi ein landesweites Referendum über die neue Verfassung ausrufen kann. Der Entwurf sollte am (heutigen) Samstag an Mursi weitergeleitet werden. Dieser könnte dann sehr rasch über die Abstimmung entscheiden und sie möglicherweise bereits für Mitte Dezember anberaumen. Das Verfassungsgericht will am (morgigen) Sonntag über eine Auflösung der verfassunggebenden Versammlung entscheiden.

Seitdem sich Mursi vergangene Woche mit einer Reihe von Dekreten fast unbegrenzte Macht verliehen hat, ist es in Ägypten immer wieder zu Straßenschlachten und Protesten gekommen. Die Krise verschärfte sich weiter, als die Islamisten in der Nacht zum Freitag in einer eiligen Sitzung ihren umstrittenen Verfassungsentwurf durchdrückten - ohne Mitsprache der liberalen, säkularen und christlichen Vertreter, die bereits zuvor aus Protest gegen die islamistische Ausrichtung des Dokuments die Versammlung verlassen hatten.