Europa - auch die Bundeskanzlerin - musste wegen der Schuldenkrise Schelte von Obama & Co einstecken. Weggeduckt haben sich die Europäer aber nicht.

Los Cabos. Europa bleibt im Kampf gegen die Schuldenkrise weitgehend auf sich gestellt. Weder die USA noch andere große Wirtschaftsblöcke wie China oder Indien sehen sich in der Pflicht, die Gefahren aus spanischer Bankenkrise, italienischer Rezession und griechischen Reformproblemen einzudämmen.

Zum Abschluss des G20-Gipfels am Dienstag im mexikanischen Badeort Los Cabos gab es mehr Absichtserklärungen als konkrete Pläne. Immerhin statten die führenden Volkswirtschaften der Erde (G20) ihre Finanz-Feuerwehr, den Internationalen Währungsfonds (IWF), mit mehr Mitteln aus als zunächst gedacht: Insgesamt erhöht sich der IWF-Schutzwall - Geld, auf das alle IWF-Mitglieder im Notfall zurückgreifen können - auf mehr als eine Billion US-Dollar.

Nachdem es zum Gipfelauftakt offenen Streit und Schuldzuweisungen in Richtung Europa gab, glättete Bundeskanzlerin Angela Merkel die Wogen. Es sei Konsens in der Gipfelrunde gewesen, dass nicht nur Europa Probleme habe, sondern auch andere Wirtschaftsblöcke. Jeder habe deshalb eine eigene Verantwortung, diese zu lösen. Die Europäer hätten ihre gemeinsame Entschlossenheit demonstriert, die Schuldenkrise in den Griff zu kriegen, sagte Merkel.

Alle Delegationen beeilten sich am Dienstag, Aufregung über ein abgesagtes Treffen von US-Präsident Barack Obama mit den europäischen Kollegen zu zerstreuen. Merkel sagte, es sei schon zuvor tatsächlich alles besprochen worden. Man sei „fertig gewesen, im guten Sinne“.

Bei allem Verständnis aus den USA, China, Indien und anderen G20-Staaten für die europäische Notlage gab es doch kritische Töne. Letztlich steht Europa im Kampf gegen die Schuldenkrise allein da. In der Abschlusserklärung heißt es, die Eurozone sei in der Pflicht, die Finanzmärkte zu beruhigen, Vertrauen zurückzugewinnen und Wachstum zu schaffen.

Unübersehbar war, dass es vor allem zwischen den USA und den Europäern weiter Streit über den richtigen Weg aus der Schuldenkrise gibt. Die USA dringen seit Monaten vor allem auf eine rasche Lösung - notfalls auch mit Milliarden-Ausgaben. In der EU sperrt sich vor allem Deutschland gegen überhastete Lösungen, die nur auf Kredit finanziert werden können.

Auch China, Indien und Südkorea zeigten sich tief beunruhigt, dass die Schuldenkrise schlimmstenfalls die Weltwirtschaft bedrohen könne. Verärgert war EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: „Wir lassen uns hier von niemandem belehren.“ Die Krise sei nicht von Europa ausgelöst worden, sondern habe in den USA ihren Ausgang genommen.

Um der Kritik an ihrem Krisenmanagement zu begegnen, gaben die Euro-Länder eine Garantie ab. „Die Mitglieder der Eurozone in der G20 werden alle notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und Stabilität des Währungsraums zu sichern“, hieß es in dem Entwurf.

Die G20 fordern, dass die Euro-Länder mit der neuen Regierung in Griechenland zusammenarbeiten müssten, um am Rande des Bankrotts stehende Land auf Reformkurs und in der Währungsgemeinschaft zu halten. Die von Spanien geplante Banken-Rekapitalisierung im Umfang von bis 100 Milliarden Euro wird begrüßt. Aber auch in Los Cabos wurde mit Sorge gesehen, dass Spanien immer höhere Zinsen - zeitweise über sieben Prozent - für neue Kredite zahlen muss. Das ist ein Niveau, das kein Staat auf Dauer bezahlen kann.

IWF-Chefin Christine Lagarde gab am Rande des Gipfels die neuen Zusagen für den Fonds bekannt. Der IWF rechnete vor, dass die Mittel nun um insgesamt 456 Milliarden US-Dollar aufgestockt werden. Im Frühjahr waren zunächst zusätzliche bilaterale Kredite der Mitglieder in Höhe von insgesamt 430 Milliarden US-Dollar versprochen worden.

Davon schultern die Euro-Länder umgerechnet 150 Milliarden Euro. Deutschland steuert über die Bundesbank rund 41,5 Milliarden Euro bei. Die USA lehnen eine Mittelaufstockung bisher strikt ab. Nach Angaben von Lagarde haben sich zwölf weitere Mitglieder verpflichtet. Damit erhöhe sich die Zahl der Länder, die frische Mittel beitragen, auf insgesamt 37.

Los Cabos war der siebte G20-Gipfel seit November 2008, als die Staats-und Regierungschefs erstmals zusammengekommen waren, um das Weltfinanzsystem nach der Pleite der US-Investbank Lehman Brothers vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

Der nächste G20-Gipfel ist 2013 in Russland - voraussichtlich im September in St. Petersburg.

Auch zum Abschluss des Gipfels beklagten Hilfsorganisationen, dass die G20 zu wenig zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung in armen Ländern machten. Wichtige Themen kämen wohl in der Abschlusserklärung gar nicht mehr vor, beklagte Oxfam-Sprecher Jörn Kalinski. Dazu zählten ein Ende der Förderung von Bio-Benzin als Treiber der Nahrungsmittelpreise oder mehr Investitionen in kleinbäuerliche Landwirtschaft.