Barroso und Merkel gingen auf dem G-20-Gipfel in Los Cabos offensiv mit der wachsenden Kritik an Europas Politik in der Schuldenkrise um.

Los Cabos. Angesichts wachsender Kritik an ihrem Krisenmanagement haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beim G-20-Gipfel eines klargestellt: Einmischung ist nicht erwünscht. Besonders Barroso verbat sich mit deutlichen Worten ungebetene Nachhilfe in Sachen Demokratie und Wirtschaftspolitik. Merkel holte ebenfalls zum Offensivschlag aus: Alle Kontinente müssten ihre Hausaufgaben machen, sagte die CDU-Vorsitzende zum Gipfelauftakt. Unterdessen wurde die Brandmauer des Internationalen Währungsfonds kräftiger aufgestockt als bislang vereinbart.

+++Obama und Europäer sehen keinen Gesprächsbedarf mehr+++

+++Athen und Euro retten+++

Barroso teilte zu Beginn des zweitägigen Treffens der 20 größten Industrie- und Schwellenländer kräftig aus. Die Krise habe schließlich ihren Ursprung in Nordamerika, erklärte er am Montag. Doch nicht nur die USA bekamen einen Seitenhieb verpasst, sondern auch China. „Nicht alle Mitglieder der G-20 sind Demokratien, aber wir sind Demokratien, und wir treffen Entscheidungen demokratisch, auch wenn das manchmal mehr Zeit in Anspruch nimmt“, sagte Barroso. „Ganz offen gesagt, kommen wir nicht hierher, um Lektionen in Sachen Demokratie oder Wirtschaftspolitik erteilt zu bekommen, denn die Europäische Union hat ein Modell, auf das wir sehr stolz sein können.“

Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy verwiesen zudem auf den Euro-Gipfel Ende Juni in Brüssel, von dem sie sich Fortschritte bei der einheitlichen Regulierung des Bankensystems in der Eurozone erhoffen. Allerdings warnten beide vor allzu großen Erwartungen. Selbst wenn beim Gipfel im Juni keine definitiven Entscheidungen getroffen würden, sei der Weg doch für alle Euroländer klar. „In diesem Fall ist das Tempo weniger wichtig als die Entscheidung, die wir treffen“, sagte Van Rompuy.

Merkel hatte sich zuvor ebenfalls dagegen verwahrt, dass allein die Europäische Union wegen der Eurokrise an den Pranger gestellt wird. Jeder Kontinent werde seinen Beitrag zu mehr Wachstum und Stabilität leisten müssen, sagte Merkel. Seitens der Europäer werde man deutlich machen, dass die EU die Probleme entschlossen angehe. Das Weiße Haus erklärte nach einem Treffen von Merkel und Barack Obama, der US-Präsident sei ermutigt über die Fortschritte im Umgang mit der europäischen Schuldenkrise. Obama und Merkel hätten über die hohe Bedeutung von Schritten zur Sicherung der Finanzstabilität in der Euro-Zone gesprochen.

+++Beim G20-Gipfel stehen 19 gegen Merkel+++

Hatte Obama zuvor wiederholt von den Europäern ein entschlosseneres Handeln gefordert, so standen die USA beim G-20-Gipfel selbst in der Kritik. Die Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerländer befürchten offensichtlich, dass das Land nach den Präsidentschaftswahlen im November zurück in eine Rezession schlittern und die Weltwirtschaft mit nach unten reißen könnten. In einem Entwurf der Abschlusserklärung heißt es daher auch, die USA würden ihre Anstrengungen zum Schuldenabbau und Ausgabenpolitik „justieren“, um im kommenden Jahr eine Kontraktion zu vermeiden.

Ende dieses Jahres laufen Steuererleichterungen aus der Ära von George W. Bush aus und es beginnt eine Reihe automatischer Ausgabenkürzungen. Zwar haben sich das Weiße Haus und Abgeordnete darauf verständigt, Ende dieses oder spätestens Anfang nächsten Jahres zu handeln, um eine solche „fiskalische Klippe“ zu vermeiden, aber nicht auf das Wie.

Um die Märkte zu beruhigen, wollen die Euroländer am Ende des Gipfels eine Erklärung abgeben: „Die Mitglieder der Euro-Zone in der G-20 werden alle notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und Stabilität des Währungsraums zu sichern“, heißt es darin. In der Frage der Erhöhung der Brandschutzmauern teilte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Montagabend mit, dass seine Mittel auf 456 Milliarden Dollar (mehr als 360 Milliarden) aufgestockt würden. Im April waren 430 Milliarden Dollar beschlossen, die Mittelaufstockung aber noch nicht umgesetzt worden.

Neben der Schuldenkrise in Europa war auch die Eskalation der Gewalt in Syrien ein wichtiges Thema in Los Cabos. Die USA und Russland plädierten beide demonstrativ für einen politischen Prozess zur Beilegung des Konflikts. Obama erklärte nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag, er stimme mit diesem im Hinblick auf Syrien darin überein, dass „wir ein Ende der Gewalt brauchen und einen politischen Prozess, um einen Bürgerkrieg zu verhindern“. „Wir teilen die Überzeugung, dass das syrische Volk die Möglichkeit haben sollte, unabhängig und demokratisch über die eigene Zukunft zu entscheiden“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Zuletzt hatten die USA Russland immer wieder vorgeworfen, die Regierung in Damaskus zu stützen. Das Treffen mit Obama in Los Cabos war das erste seit dem Beginn der dritten Amtszeit Putins als russischer Präsident.

Mit Material von dapd