US-Präsident Obama und die Staatschefs der europäischen G-20-Länder sagten ihr Treffen zur Eurokrise ab. BRICS-Staaten fordern Lösungen.

Los Cabos. Eines der wichtigsten Treffen zur Euro-Schuldenkrise beim G20-Gipfel im mexikanischen Los Cabos ist kurzfristig abgesagt worden. Anders als geplant kamen US-Präsident Barack Obama und die europäischen Gipfelteilnehmer am späten Montagabend (Ortszeit) nicht wie verabredet zusammen, hieß es von Seiten mehrerer Delegationen. Zur Begründung hieß es, es gebe keinen Gesprächsbedarf mehr. Zuvor haben die Brics-Staaten vor den Gefahren der europäischen Schuldenkrise gewarnt und "kooperative Lösungen" gefordert. Hilfsorganisationen haben unterdessen die Bemühungen der größten Industrie- und Schwellenländer zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung als unzureichend kritisiert.

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Aus US-Regierungskreisen hieß es, das Abendessen Obamas mit den Europäern habe lange gedauert, „so dass wir das Treffen mit der Euro-Zone abgesagt haben“. Der Präsident habe die Gelegenheit für weitere Treffen am Rande des Gipfels. Zwischen den USA und Europa gibt es Streit über den richtigen Weg, die Schuldenkrise einzudämmen. Die USA fordern seit Monaten eine rasche Lösung – notfalls auch mit Milliarden-Ausgaben. In der EU sperrt sich vor allem Deutschland gegen überhastete Lösungen, die nur auf Kredit finanziert werden können.

Bei einem Treffen in Los Cabos forderten derweil die Staats- und Regierungschefs aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, die G20-Gruppe solle auf ihrem Gipfel in dem mexikanischen Badeort ein entschlossenes Signal zur Bewältigung der Eurokrise und zur Ankurbelung der Weltkonjunktur geben. Das teilte das indische Außenministerium mit. Die Brics-Staaten bekräftigten, sich an der geplanten Aufstockung der Mittel des Währungsfonds (IWF) um 430 Milliarden US-Dollar zum Schutz gegen die Krise zu beteiligen. Voraussetzung sei aber, dass die Reform des Währungsfonds zügig umgesetzt werde. Dabei soll auch die Mitsprache der Schwellenländer ausgeweitet werden. Nach chinesischen Angaben fehlen nur noch rund 70 Milliarden, während der Rest schon von anderen Staaten zugesagt ist.

Im Frühjahr waren zunächst zusätzliche bilaterale Kredite von IWF-Mitgliedsländern von insgesamt 430 Milliarden US-Dollar zugesagt worden. Davon schultern die Euro-Länder umgerechnet 150 Milliarden Euro. Deutschland steuert über die Bundesbank rund 41,5 Milliarden Euro bei. Die USA lehnen eine Mittelaufstockung bisher strikt ab. Insgesamt erhöht sich damit der Schutzwall des IWF zur Krisenabwehr auf mehr als eine Billion US-Dollar. Nach Angaben von IWF-Chefin Christine Lagarde haben zwölf weitere Mitgliedsländer Zusagen gemacht. Damit erhöhe sich die Zahl der Länder, die frische Mittel beitragen, auf insgesamt 37.

Die Positionen der BRICS-Staaten hinsichtlich der Krise in der Eurozone, bei der IWF-Reform und den Erwartungen gegenüber den G20 seien „übereinstimmend oder nahe beieinander“, sagte der russische Präsidentenberater Yuri Ushakow nach Angaben der russischen Agentur Itar-Tass. Die Brics-Staaten, die 42 Prozent der Weltbevölkerung und 18 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung repräsentieren, vereinbarten auch eine engere Kooperation in Währungsfragen. Ihre Finanzminister und Zentralbankgouverneure sollen sich mit möglichen Swap-Vereinbarungen zum Tausch ihrer Währungen beschäftigen.

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Unterdessen haben mehrere Hilfsorganisationen die G-20 wegen unzureichender Bemühungen zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung kritisiert. Wichtige Themen kämen in dem diskutierten Entwurf für die Abschlusserklärung auf dem G-20-Gipfel gar nicht vor, beklagte Oxfam-Sprecher Jörn Kalinski. Dazu zählten ein Ende der Förderung von Bio-Benzin als Treiber der Nahrungsmittelpreise oder mehr Investitionen in kleinbäuerliche Landwirtschaft. „Angesichts der Tatsache, dass Nahrungsmittelsicherheit ein Hauptthema des Gipfels ist, ist das schon ein Hammer.“ Es bleibe nur noch wenig Zeit, dies zu reparieren. „Der Kampf gegen Hunger und für Nahrungsmittelsicherheit ist die Nagelprobe für die G-20“, sagte Kalinski. „Bis jetzt scheinen die G-20 diese Probe aber nicht zu bestehen.“ Eigeninteressen verhinderten, dass die G-20 ihrer Verantwortung für eine Milliarde Hungernde gerecht werden.

Auch Hacker schalteten sich auf ihre Weise in die Diskussion ein. Die Gruppe Anonymous Hispano haben die offiziellen Websites des Gipfels lahmgelegt. In Tweets der Gruppe hieß es über die G-20: „Sie sind in hohem Maße verantwortlich für die Armut in der Welt.“ In einem Blog-Eintrag wurden die hohen Kosten solcher Gipfeltreffen beklagt. Die vom mexikanischen Außenministerium betriebenen Seiten www.g20.org und www.g20mexico.org fielen am Montag stundenlang aus. Mehrere mit Anonymous in Verbindung stehende Gruppe legten die Websites der Regierungen Brasiliens, Russlands und anderer Länder lahm.

Mit Material von dpa/dapd/rtr