In seiner Predigt rief Benedikt die kubanischen Katholiken – wie zuvor schon in Mexiko - dazu auf, dem “Glauben neue Kraft zu geben.“

Santiago de Cuba. Papst Benedikt XVI. hat nur Stunden nach seiner Ankunft auf Kuba mit Zehntausenden von Gläubigen in Santiago de Cuba eine Messe gefeiert. In seiner Predigt rief Benedikt die kubanischen Katholiken – wie zuvor schon die Menschen in Mexiko - dazu auf, "eurem Glauben neue Kraft zu geben.“ Sie sollten "mit den Waffen des Friedens, der Vergebung und des Verständnisses für den Aufbau einer offenen und erneuerten Gesellschaft, einer besseren, menschenwürdigeren Welt kämpfen“. Er wisse, wie viel Anstrengung, Mut und Verzicht sie unter den konkreten Umständen ihres Landes brauchten.

Im Mittelpunkt des Gottesdienstes auf der Plaza Antonio Maceo stand die 400-Jahr-Feier der Auffindung des Gnadenbildes der als Patronin des Landes hochverehrten Jungfrau von El Cobre. Dieses religiöse Fest war ein wesentlicher Anlass für die Pastoralreise des katholischen Kirchenoberhauptes nach Kuba. Auch Präsident Raúl Castro nahm an dem Gottesdienst teil, den nach einer Schätzung von Vatikan-Sprecher Federico Lombardi mindestens 200.000 Menschen besuchten.

Zum Auftakt seines mit Spannung erwarteten Besuchs in Kuba hatte der Papst mehr Fortschritte in den Beziehungen zwischen der Kirche und der Regierung in Havanna angemahnt. "Ich trage in meinem Herzen die gerechten Erwartungen und berechtigten Wünsche aller Kubaner, wo immer sie leben“, sagte er bei der Ankunft in Santiago de Cuba, wo er seinen dreitägigen Pastoralbesuch des sozialistischen Landes begann.

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Der Papst wurde in Santiago von Raúl Castro mit militärischen Ehren, Marschmusik und Kanonensalven empfangen. Ein Gespräch mit Castro ist für diesen Dienstag in der Hauptstadt Havanna vorgesehen. In seiner Begrüßung sagte der Präsident: "Das kubanische Volk wird Ihren Botschaften aufmerksam und mit Respekt zuhören“. Kuba werde seinen Kampf für eine bessere Welt fortsetzen. Erneut kritisierte Castro die seit einem halben Jahrhundert geltenden US-Sanktionen gegen Kuba, die in seinem Land großen Schaden verursacht hätten.

Benedikt erinnerte an die historische Reise seines Vorgängers Johannes Paul II. im Jahre 1998. Danach sei das Verhältnis von Staat und Kirche in eine neue Phase eingetreten – "auch wenn es weiterhin viele Felder gibt, auf denen größerer Fortschritt möglich und notwendig ist“. Dem Papst geht es vor allem darum, den öffentlichen Beitrag der Kirche in dem sozialistischen Land deutlicher zu machen.

Die Wirtschaftskrise in der Welt erfordere eine neue moralische und kulturelle Ausrichtung. "Der wahre Fortschritt verlangt nach einer Ethik, die auf den Menschen ausgerichtet ist und den menschlichen Bedürfnissen Rechnung trägt“, sagte Benedikt weiter.

Der Besuch des Papstes fällt in eine Zeit wachsender politischer Spannungen in dem sozialistischen Karibikstaat. Präsident Raúl Castro hat zwar wirtschaftliche Reformen begonnen. Aber die Forderung, auch aus Kreisen der Kirche, nach weitergehenden Reformen lehnt er ab. Proteste lässt er – gerade auch vor Benedikts Besuch – unterdrücken.

Der Papst hatte bereits auf dem Flug von Rom nach Mexiko, wo er in den vergangenen Tagen begeistert gefeiert wurde, auf die Lage in Kuba Bezug genommen. Die Ideen des Marxismus seien realitätsfern, hatte er gesagt. Die Kirche wolle dabei mithelfen, mit der notwendigen Geduld an neuen gesellschaftlichen Modellen für die Zukunft zu arbeiten.

Kubas Außenminister Bruno Rodríguez relativierte die Papstkritik mit den Worten, die Regierung respektiere alle Meinungen und sei zu einem "nützlichen“ Austausch bereit. Den Oppositionellen aber drohte er: "Diejenigen, die den apostolischen Besuch stören wollen, werden scheitern.“ Der Papst werde auf ein patriotisches Volk treffen, das stolz auf seine Unabhängigkeit und seine Demokratie sei.

Nach Oppositionsangaben waren am Sonntag Dutzende von Dissidenten vorübergehend festgenommen worden. Die international bekannte Bloggerin Yoani Sánchez kritisierte dies als "ideologische Säuberung“, um die Teilnahme von Aktivisten und Dissidenten an den päpstlichen Veranstaltungen und Messen zu verhindern. "Die Messen werden nicht vor der Vielfalt des kubanischen Volkes gefeiert, weil die politische Polizei vielen den Zugang verhindert“, schrieb sie.

Dissident vor Auftaktmesse festgenommen

Bei der Auftaktmesse von Papst Benedikt XVI. auf Kuba ist auch ein junger Dissident festgenommen worden. Kurz vor Beginn des Gottesdienstes mit dem katholischen Kirchenoberhaupt in der Stadt Santiago de Cuba sei ein Mann plötzlich in Richtung Tribüne gelaufen und habe Parolen gegen das kommunistische Regime skandiert. Das berichteten Augenzeugen am Montagabend (Ortszeit). "Nieder mit dem Kommunismus, nieder mit der Diktatur“, habe er gerufen. Sicherheitskräfte hätten den Mann festgenommen und abgeführt.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi bestätigte den "kleinen Zwischenfall“. Der Protest und die Festnahme hätten etwa zwei Minuten gedauert, sagte er nach der Papstmesse vor Journalisten. "Wenn ich es richtig verstanden habe, hat der junge Mann etwas gegen den Kommunismus und für die Freiheit geschrien.“ Jeder sollte das Recht haben, seine Meinung zu äußern, ergänzte Lombardi. Die Gläubigen müssten aber auch das Recht haben, ohne Komplikationen den Papst zu erleben. (dpa)