In Israel heißt der Gazastreifen bereits “Hamastan“. Der Iran hilft den Islamisten mit Waffen.

Gaza/Tel Aviv. Im blutigen Bürgerkrieg zwischen der radikal-islamischen Hamas und der moderaten Fatah sind die Menschen im Gazastreifen zu Geiseln der feindlichen Palästinensergruppen geworden. Sie leben nach tagelangen Kämpfen in dem dicht besiedelten, von Israel abgeriegelten Küstenstreifen wie in einem Albtraum im Kreuzfeuer zwischen den Bürgerkriegsparteien. "Alle sind hier terrorisiert", sagte der Arzt Wael Abd al-Dschawad in Gaza. "Es wurde durch die Fenster in unsere Wohnung geschossen, die Kinder haben geschrien."

"Die Welt sieht zu, wie wir sterben, und tut nichts, um uns zu helfen", klagte Moean Hammad, der in der Nähe der Gebäude der Sicherheitskräfte wohnt, die gestern von Hamas-Kämpfern überrannt wurden. Seine Familie habe die Nacht im Flur vor der Wohnung verbracht, weil das Haus ins Kreuzfeuer der verfeindeten Kämpfer von Hamas und Fatah geraten sei. Auf dem Dach des Gebäudes hätten Fatah-Milizionäre Position bezogen. "Wir haben seit zwei Tagen keinen Strom mehr, und alles, was wir hören, sind Schüsse und mächtige, den Boden erschütternde Explosionen", sagte der 34-Jährige.

Schaher Hatum, Krankenschwester des Al-Kuds-Krankenhauses, berichtete von katastrophalen Zuständen in der Klinik. Es gebe weder Strom, Wasser noch Blutkonserven. In den Fluren drängten sich die Verletzten. Hunderte Kugeln seien in die Klinik eingeschlagen und durch die Fenster geflogen, die Kämpfer ignorierten sämtliche Aufrufe zu einer Feuerpause, in der der Generator und die Wasserversorgung repariert werden könnten. "Wir warten hier auf unser Ende", sagte Hatum.

"Gaza ist verloren", sagt ein ranghoher Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.

Israelische Kommentatoren tauften den Gazastreifen bereits in "Hamastan" um. Das Küstengebiet müsse nun als "feindliches und gefährliches Gebilde betrachtet und auch so behandelt werden", sagte Amos Gilad, ein hochrangiger Sicherheitsvertreter.

Israel denkt angesichts des blutigen Machtkampfes vor seiner Haustür über eine neue Gaza-Strategie nach. Ein ranghoher Berater von Pemier Ehud Olmert, einflussreicher Vorsitzender des Verteidigungsausschusses und enger Vertrauter von Regierungschef Ehud Olmert, formulierte es am deutlichsten. Das Gebiet wandle sich zum "südlichen Außenposten des Irans". Es gilt als offenes Geheimnis, dass Teheran den Islamisten hilft.

Unisono schlossen israelische Politiker jedoch eine militärische Intervention aus. Olmerts Sprecherin Miri Eisin bekräftigte gestern, dass Israel kein Bedürfnis verspüre, den Gazastreifen wieder zu besetzen. Das schaffe nur noch mehr Probleme. Olmert hatte zuvor ein Eingreifen Israels zugunsten der Pragmatiker unter den Palästinensern eine klare Absage erteilt.

Doch eine neue politische und militärische Strategie ist vonnöten, darüber sind sich Verteidigungspolitiker in Israel im Klaren. In der kommenden Woche werde auf hoher Ebene über eine neue Gaza-Politik beraten, berichtete die "Haaretz".