Nach den blutigen Kämpfen in dieser Woche mit mindestens 85 Toten beruhigte sich die Lage.

Gaza/Ramallah. Nach dem militärischen Sieg der Hamas im Gazastreifen hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eine Notstandsregierung mit den Wirtschaftsexperten Salam Fajad an der Spitze eingesetzt. Die bisherige Palästinenser-Regierung unter Ismail Hanija (Hamas) wurde damit am Freitag praktisch abgelöst. Hanija lehnte seine Entlassung aber ab. Die Milizen der radikal-islamischen Hamas setzten im Gazastreifen zahlreiche Fatah-Führer fest, erklärten dann aber eine Amnestie.

Hanija forderte seine Milizen auf, Ruhe und Ordnung durchzusetzen. Augenzeugen berichteten aber über zahlreiche Plünderungen vor allem in Polizeiposten und Büros der im Kampf unterlegenen Fatah von Präsident Abbas. Die Hamas kontrolliert nach Angaben von Augenzeugen und des Hamas-Rundfunks seit der Nacht zum Freitag auch den Amtssitz von Abbas in Gaza. Fatah-Anhänger, die das Gebäude gehalten hatten, hätten sich kampflos ergeben, hieß es. Damit brachte Hamas den gesamten Gazastreifen unter ihre Kontrolle.

Hamas-Sprecher Ismail Radwan sagte am Freitag, die Hamas lehne die Ernennung des bisherigen Finanzministers Fajad zum Chef einer Übergangsregierung ab. Der bisherige Ministerpräsident Hanija sagte bei einer Pressekonferenz in der Nacht, seine Regierung werde als Regierung der nationalen Einheit im Amt bleiben. Seine Amtsenthebung und die Ausrufung des Notstands durch Abbas seien "hastig" gewesen. Abbas habe offensichtlich nicht die Konsequenzen seines Schrittes bedacht. Der Präsident habe "voreilige Entscheidungen" getroffen.

Die EU hat am Freitag Palästinenser-Präsident Abbas demonstrativ den Rücken gestärkt und die Hamas aufgefordert, die Absetzung der Einheitsregierung zu akzeptieren. Fatah und Hamas hatten die Koalition im März geschlossen, um einen monatelangen blutigen Machtkampf der beiden rivalisierenden Organisationen zu beenden. Die Hamas wolle keinen separaten Staat im Gazastreifen ohne eine Einbeziehung des Westjordanlandes ausrufen, sagte Hanija.

Im Gazastreifen herrschte nach dem Sieg der Hamas-Milizen gespannte Ruhe. Augenzeugen berichteten, im Zentrum von Gaza gebe keine Schießereien mehr. Menschen kehrten auf die Straßen zurück. "Es ist sehr ruhig", sagte ein Palästinenser in der Stadt. In den Moscheen im Gazastreifen riefen Hamas-Prediger die Polizei auf, sich dort zu stellen und persönliche Waffen abzugeben. Dann gelte auch für sie Straffreiheit. Unterdessen zogen jubelnde Hamas-Anhänger nach ihrem Sieg über die Fatah auf die Straßen.

Ägyptische Sicherheitsberater und Diplomaten verließen nach dem militärischen Sieg der Hamas den Gazastreifen. Die Vermittler reisten ab, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Maan. Die Ägypter hatten zuvor mehrfach Waffenruhen zwischen den verfeindeten Palästinensergruppen Hamas und Fatah ausgehandelt, bevor die Hamas den Gazastreifen in den vergangenen Tagen gewaltsam unter ihre Kontrolle gebracht hat.