Angeblich wurde ein Satellit in den Orbit gebracht. Aber der Westen vermutet den Test einer Langstreckenrakete.

Hamburg. Die Bevölkerung hat mehrere Hungersnöte hinter sich. Selbst bei der Armee herrscht akuter Mangel, nicht nur an Treibstoff für den veralteten und kaum noch einsatzbereiten Fuhrpark. Im Straßen- oder Brückenbau eingesetzte Soldaten müssen in Unterwäsche schuften, damit ihre Uniformen vor Verschleiß bewahrt werden.

Für kostspielige Nuklear- und Raketenprogramme hat Diktator Kim Il-sung allerdings noch immer genügend Geld. In den sonntäglichen Morgenhimmel ließ Kim eine Rakete vom Typ Taepodong-2 starten, die über Japan hinweg im Himmel über dem Pazifik verschwand. Die aus mehreren Stufen bestehende Trägerrakete habe neun Minuten später den Fernmeldesatelliten Kwangmyongsong-2 in eine Erdumlaufbahn gebracht, meldete die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. "Der Satellit überträgt die Melodien der unsterblichen Revolutionshymnen ,Lied von General Kim Il-sung' und ,Lied von General Kim Jong-il' sowie Messdaten zurück zur Erde", hieß es in der Meldung.

Video: Nordkorea startet Langstreckenrakete

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Jedoch erklärten die US-Streitkräfte: "Kein Objekt hat den Orbit betreten." Der südkoreanische Verteidigungsminister Lee Sang-hee sagte, alle Teile der Langstreckenrakete seien ins Meer gestürzt. Die USA, Japan und Südkorea werfen der Regierung in Pjöngjang vor, lediglich neue Raketentechnik erproben zu wollen und damit gegen eine Resolution des Weltsicherheitsrats zu verstoßen. Dieser berief auf Antrag der japanischen Regierung eine Dringlichkeitssitzung ein.

Japan hatte Nordkorea mit dem Einsatz von Abwehrraketen gedroht, falls Trümmer von Raketenstufen auf sein Territorium fallen sollten. Nach dem Start in Musudan-ri im Nordosten von Nordkorea stürzte die erste Stufe der Rakete etwa 280 Kilometer vor der japanischen Westküste ins Meer, wie das Verteidigungsministerium in Tokio mitteilte. Die zweite Stufe schlug demnach vermutlich 1270 Kilometer von der Nordostküste Japans entfernt im Pazifik auf.

Was auch immer gestern in den Himmel geschossen wurde: Nordkorea hat aller Welt bewiesen, dass es in der Lage ist, Langstreckenraketen zu bauen. "Neben seiner Nuklearkarte hat es jetzt auch eine Raketenkarte", meinte ein südkoreanischer Experte. Mit dem Raketenstart wollte das kommunistische Regime nach Ansicht von Beobachtern Stärke demonstrieren - nach außen wie auch nach innen. Pjöngjang nutze bewusst die "goldene Gelegenheit" der Übergangszeit aus, bis das außenpolitische Team von US-Präsident Barack Obama seine Nordkorea-Politik ausformuliert habe. Auch könnte der Raketenstart das Ziel gehabt haben, die Autorität von Machthaber Kim Jong-il zu stärken, der im August einen Schlaganfall erlitten haben soll.