Schaufensterpuppen sollen Soldaten in die Irre führen. Livni und Barak wollten Waffenstillstand, Olmert nicht.

Gaza. Israelische Soldaten haben sich auch gestern im Gazastreifen schwere Gefechte mit Kämpfern der Hamas geliefert. Mit dem aus der Luft unterstützten Einsatz hielt Israel den massiven Druck auf die radikalislamische Palästinenserorganisation aufrecht. Die israelische Infanterie steht am Rande von Gaza-Stadt, wo rund 400 000 Bewohner eingeschlossen sind. Israelische Bodentruppen unternahmen ihre bislang tiefsten Vorstöße nach Gaza-Stadt.

Am 17. Tag des Konflikts stieg die Zahl der Toten auf palästinensischer Seite auf 905, wie Mediziner berichteten. Zudem kamen seit Beginn des Waffengangs 13 Israelis ums Leben, drei von ihnen durch Hamas-Raketen.

Die Kämpfe konzentrierten sich gestern auf Gebiete nördlich und östlich von Gaza-Stadt. Einwohner beschrieben die Auseinandersetzung als äußerst heftig. Die Wohngebiete in Gaza sind nach Worten einer israelischen Armeesprecherin mit Sprengfallen übersät. In einigen Fällen seien Schaufensterpuppen an Wohnungstüren gestellt worden, die Hamas-Kämpfer darstellen und damit die israelischen Soldaten in die Irre führen sollten. Diese Puppen seien so manipuliert worden, dass sie explodierten, wenn sich ihnen Soldaten näherten.

Die Luftwaffe habe zehn Angriffe gegen Hamas-Kämpfer und deren Häuser, Waffenlager, Abschussrampen für Raketen und einen Schmuggler-Tunnel im 14 Kilometer langen Grenzgebiet zu Ägypten geflogen, erklärte ein Sprecher. Aus dem Gazastreifen seien auch wieder Raketen auf Israel gefeuert worden, ohne jemanden zu verletzen.

Durch das wiederholt angegriffene Tunnelsystem läuft nicht nur der Warenverkehr zwischen dem weitgehend von der Außenwelt abgeschnittenen Gazastreifen und Ägypten, sondern auch der Waffen-Nachschub für die Hamas. Westlichen Diplomaten zufolge könnte Israel versuchen, wieder die Kontrolle über den sogenannten Philadelphi-Korridor zu übernehmen, der entlang der Grenze zu Ägypten verläuft. Israel hat den Korridor wiederholt aus der Luft angegriffen, um die Tunnel zu zerstören.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte Ägypten bei seinem gestern beendeten Besuch in der Region deutsche Unterstützung bei der Grenzsicherung in Aussicht gestellt. Damit soll der Schmuggel von Waffen in das Palästinensergebiet unterbunden werden.

Es wird erwartet, dass die israelische Führung in Kürze entscheidet, ob sie die seit dem 27. Dezember laufende Offensive in die dritte Phase überführt, in der die Armee dann größere Gebiete von Gaza besetzen würde. Dazu müsste sie auf Tausende von Reservisten zurückgreifen, die sie derzeit an der Grenze zum Gazastreifen zusammenzieht.

Israels Außenministerin Zipi Livni sagte dem Armee-Rundfunk, das militärische Vorgehen habe "Israels Abschreckung wiederhergestellt". Wann die Kämpfe eingestellt würden, ließ sie offen. In politischen Kreisen hieß es, Livni und Verteidigungsminister Ehud Barak wollten die Offensive so bald wie möglich beenden. Ministerpräsident Ehud Olmert sei jedoch dagegen und wolle sich für seine Haltung Unterstützung im Kabinett holen.

Der scheidende US-Präsident George W. Bush forderte ein Ende der Raketenangriffe auf Israel. Das sei Voraussetzung für einen dauerhaften Waffenstillstand, sagte Bush auf seiner letzten Pressekonferenz als amerikanischer Präsident.