Die Basketballmannschaft Bnei Hasharon gehört zur ersten israelischen Liga. Das Team hatte sich auf ein Euro-Cup-Spiel gegen die türkische...

Hamburg. Die Basketballmannschaft Bnei Hasharon gehört zur ersten israelischen Liga. Das Team hatte sich auf ein Euro-Cup-Spiel gegen die türkische Mannschaft Turk Telekom gefreut. Doch es geriet in Ankara in einen Hexenkessel. 3000 Zuschauer grölten "Tod den Juden", warfen mit Flaschen und stürmten das Spielfeld. Sie seien "wie Wahnsinnige" auf die Israelis zugerannt, berichtete Teamchef Meir Tapiro. Seine Mannschaft floh in die Umkleidekabine und schloss sich zwei Stunden lang ein. Die türkische Polizei musste mit 1500 Mann einschreiten und die schockierten Israelis befreien.

In mehreren Staaten Europas kam es im Zuge des Protests gegen die israelische Militäroperation im Gazastreifen zu antisemitischen Aktionen und Gewalttaten. In Toulouse rammte ein brennender Wagen die Tür einer Synagoge. Jüdische Organisationen in Frankreich sprachen von "Hass auf unseren Straßen".

Im südschwedischen Helsingborg warfen Unbekannte einen Brandsatz in das Haus der jüdischen Gemeinde, in London und Brüssel in eine Synagoge. Innerhalb weniger Tage gab es 24 antisemitische Vorfälle in Großbritannien. Im dänischen Odense schoss ein Palästinenser zwei Israelis nieder. Vor einem jüdischen Geschäft skandierten Jugendliche: "Schlachtet alle Juden ab!" Und in Berlin schmierten Täter an zwölf Stellen Hakenkreuze auf die Stelen des Holocaust-Mahnmals.

"Bei antisemitischen Aktionen mit Hakenkreuzschmierereien werden die Juden als Opfer des Holocaust mit ihren Mördern gleichgesetzt", sagt der Historiker und Politologe Michael Wolffsohn, "das ist ungeheuerlich." Es vermischten sich dabei Antisemitismus mit Anti-Israelismus. Wolffsohn, der mehrere Jahre in der israelischen Armee diente, stellt klar, Israel habe gar keine andere Wahl gehabt, als sich gegen die ständigen Raketenangriffe der Hamas zu verteidigen. Auch sei es die Hamas gewesen, die den Waffenstillstand einseitig aufgekündigt habe. Gegen die israelische Operation zu demonstrieren sei kein Antisemitismus. "Das gehört zum demokratischen Alltag." Doch Hakenkreuze und Gewalt gegen Juden hätten mit demokratischen Argumentationen und auch mit Israel-Kritik nichts zu tun. Kritik an Israel sei aber für viele ein Alibi, um ihren Antisemitismus öffentlich und gefahrlos auszudrücken. "Sie sagen Israel - meinen aber eigentlich Juden." In Deutschland seien weit mehr als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung fundamental kritisch gegenüber Israel eingestellt - aber nur gut 20 Prozent antisemitisch.

Gerade hat Michael Wolffsohn zusammen mit seinem Historikerkollegen Thomas Brechenmacher ein Buch mit dem bemerkenswerten Titel "Deutschland, jüdisch Heimatland" (Piper) veröffentlicht. Wenn man an den mehr oder minder latenten Antisemitismus denkt - ist Deutschland tatsächlich denn wieder Heimatland für Juden? "Ja - es wandern sogar mehr Juden nach Deutschland ein als nach Israel", sagt Wolffsohn. "Die bundesdeutsche Gesellschaft ist in ihrer überwiegenden Mehrheit eindeutig tolerant - nicht zuletzt auch Juden gegenüber. Die andere Wirklichkeit sind die gut 20 Prozent Antisemiten - aber sie sind eben die Minderheit." Der Historiker betont: "Das Bild der Juden, die in Deutschland auf gepackten Koffern sitzen, ist längst passe."