Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, hat die israelkritischen Äußerungen des iranischen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani in München...

München/Hamburg. Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, hat die israelkritischen Äußerungen des iranischen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani in München und des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Davos kritisiert und die Freundschaft zwischen Juden und Muslimen beschworen.

Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, an der Özdemir teilnahm und wo er auch das Wort ergriff, sagte der Grünen-Chef zum Hamburger Abendblatt: "Angesichts der bevorstehenden Wahlen im Iran war erwartbar, dass Parlamentspräsident Laridschani seine Differenzen mit dem iranischen Präsidenten nicht coram publico austrägt. Trotzdem sind die Äußerungen in Sachen Israel natürlich absolut nicht hinnehmbar." Laridschani hatte die Existenz des Holocaust in München als "offene Frage" bezeichnet. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat den Holocaust mehrfach geleugnet.

Özdemir, als Sohn türkischer Gastarbeiter 1965 in Bad Urach geboren und seit 1983 Deutscher, sagte weiter: "Ich stamme aus einer muslimischen Familie und erinnere mich gut, wie Anfang der 90er-Jahre die schrecklichen Brandanschläge in Mölln und Solingen stattfanden. Damals war es der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, der vor den Kameras dazu Stellung nahm, weil es niemanden von der türkischen Gemeinschaft gab, der bekannt genug war. In dem Moment hatten Millionen Menschen türkischer Herkunft in Deutschland das Gefühl, Ignatz Bubis spricht auch für sie."

Özdemir sagte, er könne sich auch "erinnern, dass es während des Krieges in Bosnien insbesondere die jüdische Gemeinde war, die ihre Stimme erhoben hat, die zur Solidarität mit den Muslimen in Bosnien aufgerufen hat." Dies habe mit dazu beigetragen, dass der Krieg beendet werden konnte.

"Insofern muss man hier klarmachen: Herr Laridschani spricht mit seiner Haltung zu Israel nicht für die Muslime", stellte Özdemir klar.

Die antiisraelischen Ausfälle des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in Davos hingen nach Özdemirs Ansicht "sicherlich" auch mit den Wahlen in der Türkei zusammen. "Aber auch damit, dass die Türkei selbst die Verhandlungen zwischen Syrien und Israel organisiert hat, die durch die Gaza-Operation hinfällig wurden. In Gesprächen mit türkischen Kollegen auf der Konferenz habe ich bemerkt, dass bei ihnen eine gewisse Enttäuschung über deren Verlauf vorherrscht." Israel hatte die Gespräche mit Syrien zuvor auf Eis gelegt.

"Trotzdem war das Verhalten von Erdogan, das wir in Davos gesehen haben, nicht hilfreich", betonte Özdemir "Auch deshalb, weil die Türkei im Hintergrund weiterhin eine wichtige Rolle spielen muss, als ehrlicher Makler, als einer der wenigen Freunde Israels und der Palästinenser." Daher hoffe er, dass die Türkei die Verhandlungen zwischen Syrien und Israel bald wieder aufnehmen könne. "Ich begrüße es, dass der israelische Staatspräsident Schimon Peres sofort auf Herrn Erdogan zugegangen ist und ihn angerufen hat", sagte der Grünen-Politiker, der zwischen 1994 und 2002 auch Mitglied des Deutschen Bundestags war. Das zeige, dass Freunde - "und die Türkei und Israel sind Freunde" - gelegentlich auch Probleme haben könnten, aber dass das diese Freundschaft nicht zerstören dürfe. "Persönlich bedauere ich es jedoch außerordentlich, dass antisemitische Äußerungen in der Türkei zugenommen haben. Dem muss sehr klar entgegengetreten werden. Eine berechtigte oder unberechtigte Kritik an Israel darf nicht dazu führen, dass die Staatsbürger jüdischer Herkunft in der Türkei in irgendeiner Weise davon eingeschränkt oder darin einbezogen werden."