Erstmals seit Beginn der Bodenoffensive haben sich die israelische Armee und Kämpfer der radikalislamischen Hamas am Montagabend schwere Kämpfe in Gaza geliefert.

Gaza. Die israelischen Streitkräfte setzen ihre Militäroffensive im Gazastreifen mit geballter Macht fort: Kampfjets, Kriegsschiffe und Bodentruppen haben am Montag Moscheen, Wohnhäuser und Schmugglertunnel bombardiert. Mindestens 16 Zivilpersonen wurden getötet, darunter zehn Kinder, wie palästinensische Ärzte mitteilten. In der Nacht waren tausende israelische Soldaten mit Unterstützung von Kampfhubschraubern weiter in den Gazastreifen vorgerückt. Die internationalen Bemühungen um einen Waffenstillstand dauerten an.

Die Hamas drohte unterdessen mit Anschlägen auf israelische Zivilpersonen und Einrichtungen in der ganzen Welt. Die Tötung von Palästinensern im Gazastreifen rechtfertige das Töten von Israelis, sagte Hamas-Führer Mahmud Sahar in einer am Montag im Hamas-Fernsehen ausgestrahlten Botschaft. Ein Sprecher des militärischen Flügels der Organisation sagte demselben Sender, die Hamas werde künftig noch mehr Raketen mit größerer Reichweite auf Israel abfeuern und Soldaten als Geiseln nehmen.

Der israelische Staatspräsident Schimon Peres verteidigte die Offensive als notwendig. Verteidigungsminister Ehud Barak sagte im Parlament, der Militäreinsatz werde so lange dauern, bis Sicherheit und Frieden für die Bürger im südlichen Israel erreicht seien. Seit Beginn der Bodenoffensive am Samstagabend wurden 80 Menschen getötet, die Zahl der Opfer seit Beginn der Luftangriffe am 27. Dezember stieg damit nach palästinensischen Angaben auf 537. Unter den Toten waren mindestens 200 Zivilpersonen. Mindestens 2.000 Menschen wurden verletzt. Am Montag wurden vier kleine Geschwister bei einem Luftangriff auf ein Haus im Osten Gazas getötet, drei Kinder starben beim Beschuss eines Lagers am Küstenstreifen der Stadt. Die Krankenhäuser sind inzwischen völlig überlastet, wie die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) mitteilte.

Gefechte in der Nähe der Stadt Gaza

Palästinenser berichteten am Morgen von Gefechten im östlichen Teil des Autonomiegebiets nahe der israelischen Grenze. Hamas-Kämpfer schossen Mörsergranaten auf die heranrückenden Panzer. Die israelischen Soldaten besetzten nach palästinensischen Angaben drei sechsstöckige Häuser am Stadtrand von Gaza, um auf dem Dach Geschütze aufzubauen. Unklar war, ob die Armee in die Stadt mit ihren 400.000 Einwohnern vorrücken wollte, wo ihr in verwinkelten Gassen ein erbitterter Häuserkampf drohen könnte. Die Truppen "sind vorbereitet, falls nötig", sagte Militärsprecherin Avital Leibovich. In Dschebalija bombardierten die Streitkräfte nach eigenen Angaben eine Moschee, in der Waffen gelagert wurden. In Gaza sei ein unterirdischer Bunker zerstört worden, an der Grenze zu Ägypten seien zahlreiche Schmugglertunnel getroffen worden. Kämpfer der Hamas feuerten trotz der Offensive erneut mehr als zwei Dutzend Raketen auf Israel. Unterdessen wurden die internationalen Rufe nach einem sofortigen Waffenstillstand immer lauter. Die Türkei hat eine Waffenruhe unter Kontrolle internationaler Beobachter vorgeschlagen. Sein Land wäre bereit, sich an einer solchen Mission zu beteiligen, sagte Außenminister Ali Babacan auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem syrischen Kollegen Walid al Moallem.

IKRK fordert Verschonung der Zivilbevölkerung

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Mitglieder des Weltsicherheitsrats auf, sich rasch auf Maßnamen zur Beendigung des Konflikts zu verständigen. Eine EU-Delegation mit dem Außenbeauftragten Javier Solana, Kommissarin Benita Ferrero-Waldner und den Außenministern Tschechiens, Frankreichs und Schwedens beriet sich unterdessen mit dem ägyptischen Staatschef Husni Mubarak. Die EU sei bereit, die Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen wieder zu überwachen, sobald es einen Waffenstillstand gebe, erklärte Solana in Scharm el Scheich. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy brach ebenfalls zu einer Vermittlungsreise in den Nahen Osten auf. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) rief Israel und die Hamas zur Wahrung des humanitären Völkerrechts und zur Verschonung der Zivilbevölkerung auf. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte sich besorgt.