Schwere Zusammenstöße mit den Demonstranten auf dem Tahrir-Platz. Mubaraks Getreue sollen in Kairo einen Journalisten niedergestochen haben.

Kairo/Berlin. Nach Tagen des friedlichen Protests floss Blut. Mehrere Tausend Anhänger des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak haben Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo angegriffen. Die Angreifer ritten teilweise auf Pferden und Kamelen und schlugen auf die Teilnehmer des Protests ein. Es kam zu chaotischen Szenen, beide Seiten warfen Steine und Flaschen aufeinander und schlugen aufeinander ein. Der Sender al-Dschasira berichtete, ein Journalist von al-Arabija sei niedergestochen worden. Die Opposition erklärte, unter den Anhängern Mubaraks seien viele Polizisten in ziviler Kleidung gewesen. Dutzende Menschen wurden nach Augenzeugenberichten verletzt.

Die amerikanische Regierung hat derweil mit dem Abzug von allen nicht unbedingt notwendigen Mitarbeitern in Ägypten begonnen. Die US-Botschaft teilte mit, es würden voraussichtlich mehr als 1000 US-Amerikaner innerhalb der nächsten zwei Tage Ägypten verlassen, darunter Regierungsmitarbeiter und andere Bürger.

Auf dem Flughafen von Kairo warteten am Mittwoch mehr als 8000 Reisende auf einen Flug ins Ausland. Wie Angestellte des Flughafens mitteilten, hatten am Dienstag mehr als 18.000 Passagiere in den Abflughallen gewartet. Mehr als die Hälfte von ihnen habe einen der Sonderflüge nutzen können, die die Regierungen verschiedener Länder organisiert hatten.

Der angekündigte Verzicht von Präsident Mubarak auf eine weitere Amtszeit ist in Deutschland positiv aufgenommen worden. Außenminister Guido Westerwelle sprach von einer „historischen Zäsur“ für die gesamte Region. Oppositionspolitiker bekräftigten allerdings ihre Kritik, der Westen insgesamt, aber auch die Bundesregierung, hätten Mubarak zu lange unterstützt. Sie forderten nun ein entschlossenes Auftreten des Westens. Für die Bundesregierung sicherte Westerwelle Ägypten Unterstützung zu und mahnte einen zügigen demokratischen Wandel an. Nötig sei ein friedlicher und geordneter Übergang Richtung Demokratie – „und er darf nicht irgendwann beginnen, er muss jetzt beginnen“, sagte der FDP-Politiker. Zur Rolle Mubaraks im Umbruch des Landes äußerte sich Westerwelle ausdrücklich nicht. „Wer Ägypten in Zukunft führt, wird in Ägypten vom ägyptischen Volk entschieden“, betonte er. Deutschland sei kein „Schiedsrichter über Persönlichkeiten“ in dem arabischen Land.

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Demonstranten empört über Mubaraks Rückzug auf Raten

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler bewertete Mubaraks Chancen zum Verbleib im Amt bis zum eigentlich geplanten Wahltermin als gering. Dessen Ankündigung auf einen Verzicht einer weiteren Amtszeit dürfte kaum ausreichen, die protestierenden Massen zu besänftigen, sagte er. Zugleich forderte Erler Bundesregierung und EU auf, sich schnellstmöglich auf konkrete Angebote zu verständigen, um die nordafrikanischen Gesellschaften zu unterstützen „und dadurch den radikal-islamistischen Kräften von vornherein die Legitimationsgrundlage zu entziehen“. Er bezog auch Tunesien in diese Forderung ein.

Der Vorsitzende der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Klaus Brandner (SPD), bemängelte die zurückhaltende Positionierung des Westens in dem Konflikt. „Es wäre wichtig, dass die deutsche Bundesregierung, aber auch die EU und die westliche Welt überhaupt, deutliche Zeichen setzt, auf welcher Seite sie bei den Demonstrationen in Ägypten stehen“, sagte Brandner und forderte ein Ende der Neutralität. Es sei wichtig, den friedlichen Demonstranten zu sagen, „ihr streitet für die richtigen Werte“.

Der CDU-Europaabgeordnete und frühere Präsident des EU-Parlaments, Hans-Gert Pöttering, verteidigte im SWR die Haltung des Westens. Man müsse zwar auch immer selbstkritisch sein, im Nahen Osten habe Mubarak aber mäßigend auf die politischen Beziehungen gewirkt. (dapd/dpa)