Kachelmanns Anwälte wollen mit Befangenheitsantrag gegen den Richter den Vergewaltigungsprozess gegen ihren Mandanten platzen lassen.

Mannheim. Die Anwälte von Fernsehmoderator Jörg Kachelmann, 52, wollen offenbar erreichen, dass der Vergewaltigungsprozess gegen ihren Mandanten platzt. Mit einem neuen Befangenheitsantrag gegen drei Berufsrichter verzögerten sie gestern zunächst die Aussage des mutmaßlichen Opfers vor dem Mannheimer Landgericht. Kachelmann habe die Besorgnis, dass die Richter der Aussage der Nebenklägerin "nicht mit der gebotenen Distanz und Unparteilichkeit" gegenüberträten, hieß es in dem Antrag. Hätte er Erfolg, würde der Prozess abgebrochen, denn die Kammer hat nur einen Ergänzungsrichter.

Die Nebenklägerin - Kachelmanns langjährige Geliebte Claudia D., 37 - beschuldigt den Wettermoderator, sie in der Nacht zum 9. Februar 2010 mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann bestreitet das. Ihre mit Spannung erwartete Aussage zur Sache konnte die Radiomoderatorin gestern wegen der neuen Eingaben der Verteidigung nicht machen - sie wurde nur zu ihrer Person befragt.

Im Kern kreiden die Verteidiger der Kammer an, dass sie die Frau vor ihrer Aussage nicht über das Zeugnisverweigerungsrecht nach Paragraf 55 der Strafprozessordnung belehrt hatte. Demnach dürfen Zeugen die Aussage verweigern, wenn sie Gefahr laufen, sich selbst zu belasten und möglicherweise strafrechtlich verfolgt zu werden.

Kachelmann-Anwalt Reinhard Birkenstock geht von einer Falschaussage der 37-Jährigen aus. Er sagte, eine solche Belehrung dürfe nur unterbleiben, wenn das Gericht die Auffassung vertrete, es sei völlig ausgeschlossen, dass die Zeugin "wegen Vortäuschung einer Straftat, wegen falscher Anschuldigung strafrechtlich verfolgt werden kann". "Daraus kann man ja den Schluss ziehen, dass (...) die abgelehnten Richter, schon bevor sie die Zeugin überhaupt gehört haben, entschlossen sind, ihr zu glauben", erklärte er. Birkenstock erinnerte daran, dass "Frau Nebenklägerin" schon mal gelogen und dies auch zugegeben habe. Sie hatte bei Polizei und Staatsanwaltschaft behauptet, einen Brief anonym zugeschickt bekommen zu haben. Später musste sie einräumen, den Brief selbst getippt zu haben.

Die erste Prozessauftritt von Kachelmanns langjähriger Geliebter hatte sich gestern wegen mehrerer Anträge der Verteidigung bis zum Mittag verzögert. Der Vorsitzende Richter befragte sie zunächst nur nach ihren persönlichen Daten und belehrte sie darüber, dass sie verpflichtet ist, die Wahrheit auszusagen.

Daraufhin beantragte Verteidiger Birkenstock, sie auch über das Zeugnisverweigerungsrecht nach Paragraf 55 der Strafprozessordnung zu belehren. Nachdem der Vorsitzende Richter den Antrag abgelehnt hatte, beantragte Birkenstock einen förmlichen Beschluss. Die Sitzung wurde ein weiteres Mal unterbrochen, nach fast 50-minütiger Beratung lehnte das Gericht den Antrag auf die Belehrung ab. Nach einer weiteren Unterbrechung verlas Birkenstock den Befangenheitsantrag. Über diesen müssen jetzt andere Richter entscheiden. Ob das bis kommenden Montag geschieht, an dem Claudia D. zur Sache vernommen werden soll, ist fraglich.

Klar ist indes, dass sich der Prozess des Jahres immer mehr zu einem juristischen Grabenkampf entwickelt. Zu Verhandlungsbeginn hatte das Gericht gestern Morgen entschieden, dass der von der Verteidigung bestellte rechtsmedizinische Gutachter Bernd Brinkmann ausgeschlossen bleibt. Er hatte in einer Expertise festgestellt, dass sich Claudia D. die angeblich von der Vergewaltigung stammenden Verletzungen auch selbst zugefügt haben könnte.