Kachelmanns Verteidiger Schwenn kritisierte zu Beginn die Berichterstattung der Medien und die Fragetechnik mehrerer Richter.

Karlsruhe/Mannheim. Mit dem neuen Verteidiger Johann Schwenn ist am Mittwoch nach zweiwöchiger Pause der Vergewaltigungsprozess gegen Jörg Kachelmann fortgesetzt worden. Schwenn kritisierte zu Beginn eine „prozessbegleitende Berichterstattung besonderer Art“ in bestimmten Medien und beantragte, Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker auch in den nichtöffentlichen Verhandlungen zuzulassen. Dies sei erforderlich, um die Persönlichkeitsrechte Kachelmanns zu wahren.

+++Dieser Hamburger Staranwalt vertritt jetzt Jörg Kachelmann+++

Johann Schwenn hat dann eine Kostprobe seiner neuen Verteidigungsstrategie gegeben. Er ließ eine Zeugenvernehmung unterbrechen und kritisierte die Fragetechnik mehrerer Richter. Anlass war die Befragung einer Freundin Kachelmanns, die am Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung vernommen wurde. Die 40-Jährige hatte offenbar ausgesagt, sie habe stets einvernehmlichen Sex mit Kachelmann gehabt. Der beisitzende Richter befragte die Zeugin dann, ob sie bestimmte sexuelle Handlungen tun „musste“ oder „sollte“. Schwenn sah das als Suggestivfrage und beantragte eine Unterbrechung der Zeugenvernehmung. In einem kurzen öffentlichen Teil der Verhandlung kritisierte er auch die Beisitzerin, dass sie von der Zeugin Konkreteres hören wollte. Die Aussage der Einvernehmlichkeit sei jedoch konkret, so Schwenn.

Des Weiteren kritisierte Schwenn vor allem, dass ehemalige Geliebte, die als Zeuginnen vernommen wurden, anschließend in der Zeitschrift "Bunte“ zu Wort kamen. Dort hätten sie sich zum Teil anders geäußert als vor Gericht. Deshalb müsse Medienanwalt Höcker bei den nichtöffentlichen Vernehmungen anwesend sein, um beurteilen zu können, "wann und ob es sich empfiehlt, gegen dieses Burda-Blatt vorzugehen", sagte Schwenn. Der Burda-Verlag verteidigte sich: "Es besteht ein überragendes öffentliches Informationsinteresse, das gerade durch solche Interviews angemessen befriedigt wird. Auch Herr Kachelmann hat die Medienöffentlichkeit gesuch"“, teilte die "Bunte“-Chefredaktion mit.

Schwenn äußerte sich indirekt auch dazu, warum er in einem so späten Stadium des Prozesses noch die Verteidigung übernommen habe: "Das, was bisher geschehen ist, ist - abgesehen von der verschrifteten Vernehmung der Nebenklägerin - alles irrelevant." Damit bezog sich der Anwalt wohl vor allem auf die umfangreichen Vernehmungen diverser Ex-Geliebter Kachelmanns.

Nebenklage sieht Verteidigerwechsel als Rettungsversuch

Der renommierte Anwalt Johann Schwenn aus Hamburg hatte am Montag überraschend den bisherigen Hauptverteidiger Kachelmanns, Reinhard Birkenstock, abgelöst . Auch der zweite Wahlverteidiger, Klaus Schroth, wurde von dem angeklagten Schweizer entbunden. Die Gründe für den Verteidigerwechsel wurden auch am Mittwoch nicht mitgeteilt.

Die Nebenklage beurteilte diesen Umstand als Rettungsversuch Kachelmanns. Der Anwalt des möglichen Vergewaltigungsopfers, Thomas Franz, sagte vor Verhandlungsbeginn: „Vielleicht schätzt der Angeklagte seine Situation realistischer ein als sie seine Verteidiger bisher darstellten, zumindest gegenüber der Öffentlichkeit.“ Birkenstock hatte nach der 20-stündigen nichtöffentlichen Vernehmung des möglichen Vergewaltigungsopfers mitgeteilt, man sei der Rehabilitierung Kachelmanns ein gutes Stück näher gekommen. Die Staatsanwaltschaft widersprach dieser Darstellung.

Zu der Mutmaßung, Kachelmann verlange im Prozess eine härtere Gangart gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht, sagte Franz: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass Birkenstock bisher einen Schmusekurs gefahren ist, weder in öffentlicher noch in nichtöffentlicher Verhandlung.“