Der Meteorologe und TV-Moderator Jörg Kachelmann soll ein Doppelleben geführt und jahrelang mit den Gefühlen von Frauen gespielt haben.

Mannheim. Solange nichts eindeutig bewiesen ist, gilt die Unschuldsvermutung. Doch man muss kein Wetterprophet sein, um heute vorhersagen zu können, dass sich über Jörg Kachelmann, 51, ein Unwetter zusammenbraut. Seit dem 20. März sitzt der Wetterguru wegen des Verdachts, seine Lebensgefährtin Sabine W. vergewaltigt zu haben, in Untersuchungshaft in der JVA Mannheim. Bisher hat er in der Öffentlichkeit zu dem schweren Vorwurf geschwiegen, sieht man einmal von dem Satz "Ich bin unschuldig!" ab, den er nach dem ersten Haftprüfungstermin den wartenden Journalisten zurief.

Kachelmann soll jahrelang mit Gefühlen von Frauen gespielt haben

Dafür redet jetzt eine andere, und wie. Das Prominenten-Magazin "Bunte" hat mit einer gewissen Isabella W., 30, Diplomkauffrau aus Süddeutschland, eine "Kronzeugin" präsentiert. Eine, die mit Jörg Kachelmann zusammen gewesen sein will und die deshalb nun unter falschem Namen haarklein aussagen kann, wie der jungenhafte Schweizer wirklich ist. Und die dies selbstverständlich vor allem deswegen tut, um andere Frauen zu schützen.

Offensichtlich ist das auch bitter nötig. Denn im Zuge der redaktionellen Ermittlungen kommen nun peu à peu weitere pikante Details ans Licht. Sie münden in dem für Jörg Kachelmann niederschmetternden Ergebnis, dass er, der erfolgreiche Meteorologe, Unternehmer und TV-Moderator, jahrelang mehrere Liebesbeziehungen parallel geführt haben soll, Ehegattin mit Kindern inklusive. Trotzdem soll er weitere Eheversprechen gegeben haben. Er soll ein regelrechtes "System" aus Lügen, Notlügen und Liebesschwüren betrieben haben. Insgesamt soll es sich um sechs Frauen gehandelt haben, die er abwechselnd beglückt hat. Vorerst, denn vielleicht waren es sogar mehr. Und wer weiß schon, was der Schweizer in Kanada gemacht hat, neulich, während der Olympischen Winterspiele in Vancouver zum Beispiel. Das Land ist schließlich weit weg.

Erstaunlich: Keine dieser eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Frauen will jedoch von einer oder mehreren anderen gewusst haben. Sagt "Bunte"-Kronzeugin und Anklägerin Isabelle W., die viele ihrer Informationen aus dem Internet gesogen und überdies erst durch die "Bunte" selbst vom Doppelleben ihres Liebhabers erfahren haben will.

Da fällt es schwer, sich Jörg Kachelmann weiterhin als sympathischen Werbebotschafter für probiotische Drinks vorzustellen. Und denken künftig alle an Regen, wenn er mal wieder ein "Hoch im Norden" ankündigen sollte? Denn Jörg Kachelmann ist laut "Bunte" ein raffinierter König Blaubart, der - wenn die Vorwürfe stimmen - nach menschlichem Ermessen kaum mehr Zeit zum Arbeiten gefunden haben dürfte. Und dazu noch "Grausam wie ein Heiratsschwindler!". Das schreibt jedenfalls die "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel im Editorial der neuen Ausgabe des Magazins. Um dann auch noch - sinngemäß - hinzuzufügen, dass der vorzeitig Verurteilte aufgrund seiner Tricks und Schwindeleien selbst dafür gesorgt habe, seine Karriere und sein Leben zu verpfuschen.

Der Grundsatz der Unschuldsvermutung wird ausgehebelt

Doch wie strafbar ist ein Doppelleben? Was würde passieren, wenn sich herausstellte, dass es sich doch bloß um fiese Racheakte enttäuschter Frauen handelt? Ist Trittbrettfahrerei justiziabel?

Selbst wenn der schwerwiegende Vorwurf der Vergewaltigung in allen Punkten widerlegt würde, könnte der Mann aufgrund der zweifelhaften Enthüllungen über sein angebliches Doppelleben für die nächsten Jahre einpacken. Mindestens. Sollte er am Ende schuldig sein, sowieso. Doch bis es so weit ist, gilt noch immer die Unschuldsvermutung. Warum nicht auch für Jörg Kachelmann?