Nach einem Bericht von “Spiegel Online“ erscheinen die Aussagen des mutmaßlichen Opfers einer Gutachterin vage und oberflächlich.

Berlin. Der Fall des unter Vergewaltigungsverdacht stehenden Wettermoderators Jörg Kachelmann steht womöglich vor einer Wende: Die Aussagen des mutmaßlichen Opfers erschienen einer Gutachterin zweifelhaft, berichtete „Spiegel Online“ am Samstag. In der Expertise komme eine Psychologin zu dem Schluss, dass die Schilderung der Tat „nicht die Mindestanforderungen an die logische Konsistenz, Detaillierung und Konstanz“ erfülle.

Das Glaubwürdigkeits-Gutachten wurde laut „Spiegel Online“ von der Staatsanwaltschaft Mannheim in Auftrag gegeben und ging am vergangenen Mittwoch bei der Behörde ein. Darin heißt es demnach, das mutmaßliche Opfer könne die Tat selbst bei eingehender Befragung nur vage und oberflächlich wiedergeben. Es würden auch Sachverhalte dargestellt, die handlungstechnisch unwahrscheinlich bis unmöglich seien. Zwar ist damit nach Angaben der Bremer Psychologin Luise Greuel als Gutachterin keineswegs eine Falschaussage erwiesen. Die im gerichtlichen Kontext gebotene Zuverlässigkeit der Aussagen sei aber nicht gegeben.

Erhebliche Zweifel hatten dem Bericht zufolge sich für die Gutachterin sowohl aus der Tatschilderung als auch aus der Tatsache ergeben, dass das mutmaßliche Opfer erst in der vierten Vernehmung in zwei Punkten zum Verhalten vor der Tat Unwahrheiten zugegeben habe. Selbst dabei habe die Frau zunächst nur eine Unwahrheit eingestanden und eine zweite weiter aufrechterhalten, bevor sie auch diese eingestand. Die Staatsanwaltschaft und die Anwälte von Kachelmann waren am Samstag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Die Strafverfolgungsbehörde hatte Mitte Mai Anklage gegen Kachelmann erhoben wegen des Verdachts der besonders schweren Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung. Laut Anklage soll der 51-jährige Schweizer im Februar seine 36-jährige langjährige Freundin in deren Schwetzinger Wohnung vergewaltigt haben. Kachelmann war Mitte März nach der Rückkehr von den Olympischen Winterspielen in Kanada auf dem Flughafen Frankfurt am Main verhaftet worden, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Der TV-Moderator beteuert seine Unschuld.

Zweifel gibt es dem Bericht von „Spiegel Online“ zufolge auch an der Belastbarkeit von Blutspuren der Frau an einem Messer, das Kachelmann ihr bei der Tat an den Hals gehalten haben soll. Laut einem Bericht des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg war die Spur demnach so winzig, dass sich nicht feststellen ließ, ob es sich um Blut der Frau handelte oder um Tierblut, das möglicherweise mit Hautpartikeln von ihr behaftet war. Bei DNA-Spuren am Messer konnte das LKA zudem nicht ausschließen, dass Kachelmann es in der Hand gehalten hatte. Ein unzweifelhafter Nachweis sei aber nicht möglich gewesen.

Laut „Spiegel Online“ stellte der Leiter der Rechtsmedizin Heidelberg, Rainer Mattern, in nunmehr zwei Gutachten klar, dass die bei der Frau vorgefundenen Verletzungen weder eindeutig einer Fremd- noch einer Selbstverletzung zuzuordnen seien. Für beide Varianten seien die Verletzungen ungewöhnlich. Dagegen kam dem Bericht zufolge der Rechtsmediziner Bernd Brinkmann aus Münster, der im Auftrag der Verteidigung die Verletzungen begutachtete, zu dem Schluss, dass die geschilderte Tat mit dem Verletzungsbild nicht in Einklang zu bringen sei. Dies spreche für eine Selbstverletzung und damit für eine vorgetäuschte Tat.