Die Museen in Lörrach, Haldensleben und Kaufbeuren könnten Vorbild für das Buxtehuder Stadtmuseum sein

Buxtehude. Stadtmuseen gibt es viele in Deutschland. Sie zeigen die Besonderheiten der Region, kostbare Fundstücke und erfüllen allesamt den Auftrag, die Historie des Ortes zu dokumentieren, sie zu bewahren und den Besuchern verständlich zu machen. Auch das Buxtehude-Museum kommt diesem Auftrag nach, indem es neben dem Märchen von Has' und Igel unter anderem die städtische Wohnkultur und sakrale Kunst in seiner Dauerausstellung zeigt.

Wie aber kann sich das Buxtehude-Museum den Herausforderungen der Zukunft stellen? Wie kann es für seine Besucher attraktiv bleiben und neue Besuchergruppen hinzugewinnen? Vor dem Hintergrund, dass die Klimaanlage im sogenannten Sakralturm des Hauses für 350 000 Euro saniert werden müsste und zusätzlich dazu ein weiterer Bereich, in dem Funde aus einem altsächsischen Gräberfeld ausgestellt werden sollen, um eine rund 550 000 Euro teure Klimaanlage ergänzt werden soll, hatten einige Buxtehuder Politiker kürzlich die bisherige inhaltliche Ausrichtung des Museums infrage gestellt. Bevor man so viel Geld investiere, müsse zunächst ein langfristiges Gesamtkonzept her, so der Tenor.

Welches Konzept bringt frischen Wind in die Museumsmauern?

Das Abendblatt hat deshalb bei anderen, von der Größe her mit Buxtehude vergleichbaren Stadtmuseen in Deutschland nachgefragt, auf welche Weise sie der Gegenwart und vor allem der Zukunft die Stirn bieten und was ihr Rezept für ein Konzept ist, das frischen Wind in die Museumsmauern bringt.

Markus Moehring hat einen drastischen Schnitt gemacht. Der Leiter des Museums am Burghof im baden-württembergischen Lörrach, der zugleich Sprecher der Fachgruppe Geschichtsmuseen beim Deutschen Museumsbund ist, verbannte vor acht Jahren ganze 90 Prozent der Exponate ins Depot. Gemeinsam mit dem neu gegründeten Museumsbeirat aus kulturellen Vereinen und Vertretern der Fraktionen hatte das Museum, das in Trägerschaft der Stadt steht, nach einer völlig anderen inhaltlichen Ausrichtung gesucht. Aus dem stadtgeschichtlichen Gemischtwarenladen sollte sozusagen ein kulturelles Fachgeschäft werden.

Die Wahl fiel auf die Drei-Länder-Geschichte am Oberrhein und die Frage, was Deutschland, Frankreich und die Schweiz verbindet oder voneinander trennt. Die alte Ausstellung wurde aufgelöst, und die bestehenden Exponate wurden unter dem neuen Gesichtspunkt dargestellt. Was nicht in das Konzept passte, wanderte ins Depot.

Moehring erreichte damit, dass nur die interessantesten Stücke in der Dauerausstellung verblieben und die restlichen lediglich zu Wechselausstellungen hervorgeholt werden. Doch nicht nur thematisch ging das Museum in die Offensive, sondern auch bei der Präsentation. So wurden 18 große Mitmachstationen entwickelt, die die Besucher aktiv an der Ausstellung teilhaben lassen.

250 000 Euro hat die Umgestaltung gekostet, die sich von der Entwicklung des Konzepts bis zur Neuaufstellung über drei Jahre zog. Die Stadt Lörrach musste davon lediglich die Hälfte bezahlen, den Rest deckten Zuschüsse der Europäischen Union. Gelohnt habe sich die Investition auf jeden Fall, findet der Museumsleiter: "Wir haben jetzt im Jahr durchschnittlich 25 000 Besucher. Vorher waren es um die 10 000."

Doch die Besucherzahlen sind nicht alles. Es gehe bei einem Stadtmuseum auch um den Bildungsauftrag, findet Ulrich Hauer, Leiter des Museums Haldensleben in Sachsen-Anhalt. Bereits vor mehr als zehn Jahren habe sich sein Museum die Frage gestellt, welchen thematischen Schwerpunkt man für seine Sammlung wählen könnte. Grund dafür war eine Gebietsreform, in deren Zuge drei Regionalmuseen in die Trägerschaft eines Landkreises fielen. "Da war die Auflage, dass wir uns thematisch voneinander unterscheiden müssen", sagt Hauer.

Man überlegte sich, die Exponate an der Biografie einzelner, regional bedeutsamer Personen darzustellen, um ihnen so gewissermaßen ein echtes Gesicht zu geben. So konnte beispielsweise ein Teil des Nachlasses der Brüder Grimm, der sich in Haldensleben befindet, anhand der Geschichte einer Familie gezeigt werden, die über verwandtschaftliche Beziehungen nach Kassel, der Grimmschen Heimat, verfügte. Technische Neuerungen wie beispielsweise Audiostationen habe es nicht gegeben, fährt Hauer fort. Stattdessen setzte das Museum auf die Arbeit der lokalen Tischler, die ihnen maßgefertigte Vitrinen ohne Schnickschnack bauten - passend zum Schwerpunkt, der auf die Zeit des Biedermeier, der Zeit der Brüder Grimm, liegt.

Museum Kaufbeuren startet vom 19. direkt ins 21. Jahrhundert

Mitten im thematischen und architektonischen Umbruch steckt derweil das Stadtmuseum im bayerischen Kaufbeuren. Das 1879 gegründete Haus sei bis zum Jahr 2002 ausschließlich ehrenamtlich geführt worden und starte derzeit quasi vom 19. direkt ins 21. Jahrhundert, sagt die erste hauptamtliche Museumsleiterin Astrid Pellengahr. Seit 2005 ist sie dabei, ein neues Konzept für das Haus zu entwerfen, das seit dem Jahre 2002 aufgrund statischer Gründe geschlossen werden musste. Für 2012 ist die Neueröffnung geplant.

"Die große Herausforderung ist, die Ausstellungsstücke so aufzubereiten, dass der Besucher sie wirklich versteht", sagt sie. Die bestehende Sammlung, zu der unter anderem bedeutsame Stücke zur Volkskunst im Allgäu und eine Kruzifix-Sammlung gehören, werde bei dem neuen Konzept in wesentlichen Zügen erhalten bleiben, einen harten Schnitt, wie es das Museum in Lörrach gemacht hat, plant sie nicht.

Vielmehr sieht sie es als ihre Aufgabe, die unterschiedlichsten Exponate zum historischen Gedächtnis der Stadt zusammenzuführen, sie für die Besucher regelrecht zum Sprechen zu bringen. "Wir wollen die Besucher da abholen, wo sie stehen", sagt Astrid Pellengahr. Und das will sie unter anderem mit museumspädagogischen Konzepten, Taststationen für Blinde und einem Kinderpfad, der auch von Erwachsenen genutzt werden darf, erreichen.