Freilichtmuseum am Kiekeberg: Eine Ausstellung über Spektakel auf dem Lande.

Was gucken wir heute? Fernsehen oder Kino, Filme oder Bilder im Internet. Und was sahen wir gestern? Da blinzelten wir in den Guckkasten auf illustrierte Blätter, staunten über "Liliputaner", erblickten exotische Tiere und ließen uns im Rausch von Karussell und Riesenschaukel die Augen weiten. Es war die reine Schaulust, wenn den Alltag Jahrmarkt und Sensationen unterbrachen. Lang ist es her. Aber nicht allzu lang. Noch bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts gab es Völkerschauen und die Zurschaustellung von Menschen jenseits vermeintlicher Normen. Das Freilichtmuseum am Kiekeberg erinnert jetzt an die Schaulust vergangener Tage. Die Ausstellung "Zur Schau gestellt" informiert über den Wandel von Spektakel und Vergnüngen im ländlichen Raum. Fotografien, Plakate und mehr als 250 Objekte gehen dabei der Welt von Jahrmarkt und Zirkus, des Puppenspiels und der Wachsabgüsse des Panoptikums nach.

Ein Zirkuszelt, historische Karussell-Figuren sowie ein 80 Jahre alter Schaustellerwagen finden sich unter den zahlreichen Ausstellungsstücken. Mit dabei auch eine der wenigen Moritatentafeln, mit denen Bänkelsänger ihrem Publikum herzergreifende und selten mit Happyend ausgehende Geschichten vortrugen. Zum Beispiel die Geschichte von der unerkannten Geliebten, die ihrem Mann verkleidet in den Krieg folgt und ihm tapfer zur Seite steht. Am Ende finden die beiden schließlich zusammen - leider nur im Tod. Zusammen mit den Moritatentafeln erzählen auch Guckkasten, Puppen, Marionetten und Moulagen von frühen Zeiten der Jahrmärkte, als diese nicht nur der Belustigung dienten, sondern auch Neuigkeiten verbreiteten. Besonderen Kitzel übten dabei die Moulagen aus, Nachbildungen in Wachs von Hautkrankheiten oder anderen Übeln des Siechtums. Ebenso wurden Wachsfiguren prominenter Größen präsentiert, während man sich im Guckkasten bedeutende Ereignisse der Zeitgeschichte vor Augen führen lassen konnte.

Das 19. Jahrhundert erlebte dann die Blüte des fahrenden Volkes. Zirkus und Fahrgeschäfte standen hoch in der Gunst ihres Publikums. Es war die Zeit, als Vertreter unterschiedlicher Kulturen - von den Lappen bis zu den Indianern - in Völkerschauen präsentiert wurden. Als zahlreiche Zirkusunternehmen mit ausländischen Artisten warben. Eine Sammlung von Requisiten, unter anderem von Akrobaten und Clowns, erinnert in der Ausstellung an ihre großen Glanzzeiten. Besonderes Augenmerk der Ausstellung gilt dem legendären "Karusselkönig" Hugo Haase. Als Schlosser war der 1857 in Winsen an der Luhe geborene Haase schon in jungen Jahren am Bau eines fahrenden Dampfkarussells beteiligt. Kurzerhand machte er sich selbstständig und errichtet bis zu seinem Tod 1933 ein ganzes Imperium an modernen Attraktionen, vom größten Karussell der Welt über Achterbahnen bis hin zu ganzen Jahrmärkten und festen Vergnügungsparks. Frankfurt überraschte Haase mit einem "Alt-Frankfurt", Amsterdam entsprechend mit einem "Alt-Amsterdam".

Hamburger, denen Haase nicht nur durch seine Fahrgeschäfte auf dem Dom bekannt war, besuchten seinen "HH Park" gleich nebenan bei Hagenbeck mit Wasserrutschbahn und einem Meer aus elektrischem Licht. Denn auch hier erwies sich der Karussellkönig als Pionier. Als erster hatte er mit einem mobilen Generator seine Attraktionen elektrisch betrieben und illuminiert, anno 1892 bei den Bayern auf der Wiesn.

Freilichtmuseum am Kiekeberg , ab 23. 6., 21224 Rosengarten-Ehestorf, A7/ A261 Abfahrt Marmstorf, Tel.: 790 176-25, www.kiekeberg-museum.de, di-fr 9-17, sbd/so u. feiertags 10-18 Uhr, Eintritt (bis 16 Jahre frei) 6 Euro.