Dioramen gehören zu jenen Erfindungen, bei denen man sich im 19. Jahrhundert um dreidimensionale Darstellungen bemühte. Eine Ausstellung zeigt faszinierende Beispiele aus dem 19. Jahrhundert.

Oft waren es berühmte Schlachten, die man in den großen Panoramen erstaunlich lebensecht nachgestaltete. Die Betrachter standen in der Mitte und sahen im Vordergrund noch reale Gegenstände, die im Hintergrund von illusionistischen Darstellungen abgelöst wurden. Der Effekt war verblüffend, kein Wunder also, daß die Panoramen, die es in allen großen Städten zu bewundern galt, im 19. Jahrhundert absolute Publikumsrenner waren.

Wie im Großen, so gab es auch im Kleinen das Bemühen, dreidimensionale Bildeffekte zu erzielen. Im Guckkästen konnte man schon in der Frühzeit der Fotografie Stereobilder bewundern, doch es gab auch andere Versuche, das Publikum mit plastischen Effekten zu verblüffen. Dazu zählen die Dioramen, denen das Altonaer Museum jetzt eine Ausstellung widmet.

Der Begriff Diorama stammt aus dem Griechischen und läßt sich als Durchscheinbild übersetzen. Die kleineren, aus verschiedenen Materialien und mit verschiedenen Techniken konstruierten plastischen Darstellungen wurden auch als Kulissen-, Kasten-, Moos- oder Glasmosaikbilder bezeichnet, doch Diorama bezeichnet heute als Sammelbegriff die verschiedensten Spielarten der dreidimensionalen topographischen Bilder. Besonders verbreitet waren sie seit dem früheren 19. Jahrhundert im Sudetenland, das damals zwischen der preußischen Provinz Schlesien (heute Polen) und dem habsburgischen Böhmen (heute Tschechien) geteilt war. Die industrielle Revolution hatte, wie Gerhart Hauptmann in seinem 1844 in Oberschlesien spielenden Drama "Die Weber" eindrucksvoll schilderte, zur Verarmung vieler Menschen und damit zu sozialen Spannungen geführt. Auf der Suche nach neuen Einkommensquellen schufen Bewohner des Sudetenlandes verschiedenste Souvenire ihrer reizvollen Heimat, die sich bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer Fremdenverkehrsregion entwickelt hatte. Anziehungspunkte waren nicht nur Kurbäder und Heilquellen, sondern auch die eindrucksvollen Landschaften des Riesengebirges, die durch romantische Landschaftsmaler wie Caspar David Friedrich ins allgemeine Bewußtsein gelangt waren.

Da die Touristen gern Andenken mit nach Hause nahmen, fanden die von findigen Handwerkern und Künstlern mit mehr oder minder großem Geschick entwickelten Dioramen guten Absatz. Ähnlich wie bei Theaterkulissen versuchte man, mit Naturmaterialien, mit Papier und Pappe, Gips oder auch Glas, plastische Ansichten von Landschaft und Architektur so zu gestalten, daß sie möglichst naturgetreu wirkten.

Auch wenn es in nur sehr unterschiedlichem Maße gelang, echte Dreidimensionalität vorzutäuschen, war die Wirkung auf die Menschen des 19. Jahrhunderts beträchtlich. Kein Wunder also, daß bald nicht nur Dioramen mit heimischen, sondern auch anderen Motiven - etwa von Dresden oder dem Mailänder Dom - angeboten wurden. Die Ausstellung im Altonaer Museum zeigt eine sehr reizvolle Auswahl von Arbeiten vornehmlich aus den Sammlungen Jürgen Glanz und aus dem Museum in Breslau, die überwiegend aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen.

Altonaer Museum , Museumstraße 23, 29. 6.-18. 9., di-so 11-18 Uhr.