Konferenz in den Abruzzen dauert bis Freitag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Besser 20 Nationen einbinden.

Berlin. Die Gruppe der sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) stellt unmittelbar vor Beginn des G8-Gipfels heute in Italien ihr Machtmonopol infrage. So machte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür stark, künftig den stärksten 20 Wirtschaftsnationen (G20) die Vorreiterrolle bei der Lösung drängender globaler Probleme wie Erderwärmung, Hunger und Armut zu geben. "Ich glaube, dass der internationale Zug sich in diese Richtung entwickelt hat", sagte Merkel. Faktisch haben die G20 schon das Ruder in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit den 30er-Jahren übernommen.

Beim Treffen der G8-Staats- und Regierungschefs in der Abruzzenstadt L'Aquila sind die meisten Mitglieder der G20 ohnehin schon mit Spitzenpolitikern vertreten. Der respektvolle Umgang Obamas mit seinem russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew sowie dessen Vorgänger und jetzigen russischen Premierminister Wladimir Putin dürfte für eine gute Atmosphäre in L'Aquila sorgen, hieß es. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte seine Kollegen aus den USA, Russland, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien und Deutschland kurzfristig von Sardinien in die Abruzzen umdirigiert, um ein politisches Signal zu setzen. L'Aquila war am 6. April von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Zehntausende waren obdachlos geworden, fast 300 Menschen waren getötet worden. Die Spuren der Zerstörung sind in der Region weiter sichtbar.

Für politischen Streit wird die Abschlusserklärung zum Klimaschutz sorgen. Umstritten ist weiterhin eine präzise Angabe zur Erderwärmung. Die Europäer fordern, dass sie im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung auf maximal zwei Grad Celsius begrenzt wird. "Das ist der Dreh- und Angelpunkt", sagte auch Merkel. Zudem sollen nach Angaben aus Regierungskreisen möglichst erste langfristige Reduktionsziele in das Schlussdokument hineingeschrieben werden. Ob das gelingt, ist fraglich.

Allerdings wurde den Regierungskreisen zufolge bereits vor dem Treffen darüber Einigkeit erzielt, in die Abschlusserklärung eine Absage an Handelshemmnisse (Protektionismus) aufzunehmen. Die Staats- und Regierungschefs würden einen Stopp fordern, hieß es. In Berlin war zuletzt mit Sorge beobachtet worden, dass etwa in China zum Kauf einheimischer Produkte aufgerufen wird. Auf dem G8-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs am Mittwoch neben der Klimapolitik vor allem über die internationalen Krisen beraten. Im Zentrum stehen Diskussionen, wie der Bau einer iranischen Atombombe verhindert werden kann. Schon am zweiten Tag werden die Staats- und Regierungschefs der aufstrebenden Wirtschaftsmächte China, Indien, Brasilien sowie von Mexiko und Südafrika hinzukommen. Der Kreis wird dann noch einmal bei den Gesprächen über den Klimaschutz erweitert werden.

Am Schlusstag kommen Vertreter vieler afrikanischer Länder hinzu, darunter Libyens Regierungschef Muammar al-Gaddafi, der den Vorsitz der Afrikanischen Union innehat. Hier gehe es um einen neuen Kurs im Kampf gegen den Hunger und mehr Hilfe zur Selbsthilfe.

Merkel will am Rande des Gipfels bei einem bilateralen Treffen mit Chinas Staatspräsident Hu Jintao auch die Unruhen in der chinesischen Uiguren-Provinz Xinjiang ansprechen.