Schwellenländer und die größten Industrienationen reduzieren ihren Schadstoffausstoß. Die G8 wollen die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzen. Das reicht nicht, sagen Umweltverbände.

L'Aquila. Die sieben wichtigsten Industriestaaten und Russland (G8) haben die aufstrebenden Volkswirtschaften wie China und Indien für ein wichtiges Klimaschutzziel gewonnen. Das sagten Diplomaten am Rande des G8-Gipfels im italienischen L’Aquila. Die G8 wollen, dass die Erderwärmung im Vergleich zum Beginn des Industriezeitalters auf zwei Grad Celsius begrenzt wird. Dem schließen sich nach den Informationen die übrigen acht wichtigsten Volkswirtschaften der Erde an: Das sind China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika, außerdem Australien, Südkorea und Indonesien.

Dänemark ist als Gastgeber der Klimakonferenz im Dezember und als 17. Land Teil dieses so genannten MEF-Prozesses („MEF – Major Economies Forum“). Keine Verständigung gab es über konkrete Klimaschutzziele. Die G8-Partner bekamen lediglich die unverbindliche Zusage, im Dezember für ein ehrgeiziges neues Weltklimabkommen arbeiten zu wollen, wie Diplomaten weiter sagten. Die G8 wollen im Dezember in Kopenhagen durchsetzen, dass bis 2050 alle Nationen den Ausstoß gefährlicher Treibhausgase um die Hälfte verringern. Für die Industriestaaten hätte das zur Folge, dass diese ihren Ausstoß der Treibhausgase bis 2050 um 80 Prozent oder mehr verringern müssten

Umweltschutzorganisationen haben die Klimaziele des G8-Gipfels und die Vereinbarung mit den Schwellenländern als unzureichend kritisiert. Vertreter von Greenpeace und WWF lobten in L’Aquila zwar, dass die Staats- und Regierungschefs die gefährliche Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzen wollen. Allerdings beklagten sie fehlende kurzfristige Ziele zur Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes.

Der Greenpeace-Klimaexperte Tobias Münchmeyer nannte die Beschlüsse eine „Einigung auf den allerkleinsten gemeinsamen Nenner“. „Es ist eine riesige Enttäuschung“, betonte er. Die Festlegung des Zwei-Grad-Ziels bedeute nichts weiter als eine Anerkennung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Insbesondere gebe es keinerlei Zielmarke zur Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2020. Der WWF-Klimaexperte Kim Carstensen hob hervor, dass China und Indien erstmals das Zwei-Grad-Ziel akzeptiert hätten. Dies sei ein echter Fortschritt. Allerdings beklagte auch er, dass kein ambitioniertes Ziel zur Reduzierung der CO2-Emissionen vereinbart worden sei. „Wir müssen da noch mehr sehen.“ Die Entwicklungsländer warteten darauf, dass die Industriestaaten vorangehen.

Derweil hat Greenpeace seine Anti-Gipfel-Proteste in Italien ausgeweitet. Greenpeace-Aktivisten besetzten ein fünftes Kohlekraftwerk bei Civitavecchia nahe Rom, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. „Damit wollen wir nach dem enttäuschenden Klimadokument vom Mittwoch Druck auf den G8-Gipfel in L’Aquila ausüben“, sagte ein Greenpeace-Sprecher.

Bereits zum G8-Auftakt hatten etwa 100 Greenpeace-Aktivisten Kräne, Türme und Förderbänder in vier Kohlekraftwerken in ganz Italien besetzt. In Civitavecchia seilten sich Aktivisten vom Kohlebunker ab und schrieben den Slogan „G8: Stoppt das“ an die Wand. Die Polizei nahm die Personalien von Umweltschützern und Fotografen vor dem Kraftwerk auf. Auch die Aktionen in Brindisi, Marghera, Porto Tolle und Vado Ligure gingen weiter. Dort halten Greenpeace-Aktivisten ebenfalls Teile der Anlagen besetzt.