Mitarbeiter empfinden sich oft als Opfer, weil es bei vielen Maßnahmen an glaubwürdiger Kommunikation fehlt.

Wir haben inne gehalten. Es war der lange, intensive Moment des Zusammenrückens der Menschen, welcher mich nach dem Tod von Fußballtorwart Robert Enke besonders berührt hat. Die Betroffenheit war so persönlich, als wäre ein Kollege oder Freund aus unserer Mitte gerissen worden.

Auch wenn ein prominenter Profifußballer natürlich besondere öffentliche Beachtung erfährt, im Kern war er ein Angestellter, von dem Tag für Tag Bestleistungen gefordert werden. Insofern ist Robert Enke ein Modell für unzählige Berufstätige, die täglich an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit getrieben werden - und leider oft darüber hinaus.

Angestellte in Callcentern werden beim Telefonieren mit der Stoppuhr gemessen. Lehrer sehen sich mit renitenten Jugendlichen, elterlichen Versagern und Schulreformchaos konfrontiert. Überarbeitete Polizisten sind Zielscheiben von Brand stiftenden Chaoten. Bankkaufleute müssen wöchentlich mehr Abschlüsse tätigen - als hätte es nie eine Finanzkrise gegeben. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Monat für Monat treiben Manager neue Säue durchs Dorf - Personalabbau, Einsparungen, Restrukturierungen, Projekte. Viele solcher Maßnahmen sind sinnvoll, ja längst überfällig. Mitarbeiter empfinden sich dennoch oft als Opfer, weil es bei vielen dieser Maßnahmen an glaubwürdiger Kommunikation fehlt, am ernsthaften Dialog mit den Mitarbeitern. Vertrauen lässt sich nicht verordnen, Vertrauen muss man sich erarbeiten.

In Zeiten globalisierter Beschleunigung bleibt die Menschlichkeit oft auf der Strecke. Für Gespräche jenseits von Fakten und Zahlen bleibt im Arbeitsalltag kaum noch Zeit. Wissen Sie, wem Sie sich in Krisensituationen in Ihrer Firma anvertrauen können? Hat Ihr Chef Sie eigentlich mal nach Ihrem Befinden gefragt und Ihnen dann wirklich zugehört? Wie gut kennen Sie als Führungskraft die Sorgen und Ängste Ihrer Mitarbeiter? Und wie gehen Sie mit psychisch erkrankten Kollegen um? Das sind die Fragen, die sich im beruflichen Alltag nach dem Tod von Robert Enke stellen.