Halb zehn im Urlaub. “Habt ihr noch was zu trinken, ey?“ - “Jo, Bier.“ - “Nee, muss schon 40 Umdrehungen haben.“

Ob Strand auf Mallorca oder Zeltplatz auf dem Darß - überall sind solche promilleschwangeren Dialoge während der Ferienzeit zu hören. Schon morgens um halb zehn. Das Ziel: den immer noch beachtlichen Blutalkoholpegel gleich wieder anheben. Nutellabrötchen mit Pils zum Frühstück. Der Tag kann kommen.

Klar, solche Exzesse gab es immer schon. Und wer das feuchtfröhliche Treiben halbstarker Urlauber ernsthaft kritisiert, gerät schnell in den Ruch des alten Spießers.

Dennoch erstaunt mich die Leistungsbereitschaft, die junge Leute beim Beschaffen und Leeren von Alkoholflaschen an den Tag legen. Kisten- und bollerwagenweise wird die Getränkeindustrie unterstützt. Pausen und Feierabend sind beim Saufen nicht gefragt.

Stellen Sie sich solch ein Engagement mal in der Schule, in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz vor! Doch leider wird ein Großteil der brauchbaren Hirnzellen im Urlaub glatt weggesoffen. Das nennt sich dann Erholung.

Wen wundert es da noch, dass manche Arbeitgeber resignieren und nicht mehr ausbilden wollen? Die meisten Bewerber seien ungeeignet, klagt so mancher Personalchef sein Leid. Können Sie sich vorstellen, dass ein junger Mann, der um vier Uhr nachmittags lallt "Bis später in der Notaufnahme. Ich bin der, wo sich nicht mehr an seinen Namen erinnert", eine gute Figur beim Bewerbungsgespräch macht? Und dass jemand, der sich am Wochenende regelmäßig die Birne zudröhnt, am Montag wieder topfit ist?

Natürlich sind nicht alle so. Es gibt sie zuhauf, jene klugen und engagierten Jugendlichen, für die Vernunft kein antiquiertes Schimpfwort ist. Viele von ihnen verschönern unseren Urlaub - indem sie in Hotels und Klubs anheuern und dort hart für unsere Erholung arbeiten. Ihnen gilt Dank und Respekt für diesen meist unterbezahlten Einsatz. Es ist eben wie so oft in der Wirtschaft: Diejenigen, die wirklich hart arbeiten, sieht und hört man kaum.