Wenn Mitarbeiter selbst vorschlagen, was sie übers Jahr erreichen wollen, steigt die Motivation.

Seit etwa 15 Jahren wird in deutschen Unternehmen zunehmend mit Zielvereinbarungen gearbeitet. Rechtlich gesehen sind sie ein Zusatz zum Arbeitsvertrag. Sie werden zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter geschlossen, schriftlich festgehalten und von beiden unterschrieben.

In den Zielvereinbarungen wird festgeschrieben, was der Mitarbeiter in einem bestimmten Zeitraum erreichen soll. Vertriebsziele sind relativ einfach zu vereinbaren - geht es doch um bezifferbare Größen, wie zum Beispiel eine Umsatzsteigerung von mindestens zehn Prozent.

"Weiche Ziele - ich nenne sie Verhaltensziele - sind dagegen schwerer zu messen", sagt Reiner Voss, Geschäftsführer des Beratungs- und Trainingsinstituts Voss + Partner. Unmöglich ist es indes aber nicht. "Es gibt nichts, was zu schwammig ist, um es in die Zielvereinbarungen aufzunehmen", betont Voss. "Soll die Telefonistin zum Beispiel freundlicher werden, muss man Kriterien dafür finden, an denen sich die Freundlichkeit beobachten lässt." Das könne zum Beispiel sein: Sie spricht den Anrufer mehrfach mit Namen an, variiert beim Sprechen in der Tonhöhe, stellt dem Anrufer Fragen und lässt ihn ausreden. "Das sind beobachtbare Verhaltensziele", hebt Reiner Voss hervor. Man kann sie festschreiben und messen.

Ziele müssen der sogenannten SMART-Regel genügen. "SMART" ist ein englisches Akronym, ein Wort, das sich aus Initialen zusammensetzt. Und zwar aus den Anfangsbuchstaben von specific (spezifisch), measurable (messbar), achievable (erreichbar), relevant und timed (terminiert). Es gibt auch andere Varianten für die Begriffe wie etwa significant (bedeutsam) und acceptable (annehmbar). "Zielvereinbarungen müssen wasserdicht formuliert sein", betont der Kommunikationstrainer Dierk Rommel. Darum muss auch das Gespräch, in dem sie vereinbart werden, von beiden Beteiligten gut vorbereitet werden. "Am besten die Führungskraft lädt den Mitarbeiter etwa zwei Wochen vorher zu diesem Termin ein", rät Rommel. "Dann hat auch er genügend Zeit, sich über die Zielerreichung des vergangenen Jahres und neue Ziele für die Zukunft Gedanken zu machen."

Denn wer als Chef Ziele ausschließlich "top down" festlegt - sie dem Mitarbeiter also einfach nur diktiert - macht einen großen Fehler. "Je persönlicher ein Ziel ist, desto motivierender ist es auch", sagt Rommel. Und persönlich seien Ziele, die möglichst viele "bottom up"-Elemente enthielten, also Projekte und Arbeitsschritte, die der Mitarbeiter selbst vorschlage. Je höher die Funktion eines Mitarbeiters, desto mehr Gestaltungsfreiraum habe er in seinen Zielvereinbarungen, erklärt Rommel. "Auf unteren Ebenen sind sie dann mehr ein Kommunikationsinstrument, durch das der Mitarbeiter erfährt, was der Vorgesetzte von ihm erwartet."

Trainer Reiner Voss weist darauf hin, dass es wichtig sei, keine zu fernen Ziele zu benennen oder sie nötigenfalls in Teilziele zu untergliedern. "Wenn es darum geht, Kosten zu senken, sollte man beispielsweise alle Vierteljahr einmal die Kostenentwicklung kontrollieren." Viel hängt auch davon ab, wie man selbst als Vorgesetzter tickt und wie man seinen Mitarbeiter einschätzt. Ist er engagiert und ideenreich genug, um das Ziel selbstständig zu erreichen? Sollte man den Weg zum Ziel lieber vorgeben? Neigt man selbst dazu, zu enge Vorgaben zu machen und erdrückt dadurch womöglich den Spaß an der Arbeit in seinem Team? "Als Führungskraft muss ich wissen, wie motiviert mein Mitarbeiter ist", betont Reiner Voss. "Ich muss mich fragen: Kann er das, was ich von ihm erwarte? Und will er das?" Eine gute Vorbereitung sollte die Antworten an den Tag bringen.

Zielvereinbarungsgespräche werden in der Regel einmal im Jahr geführt. "Etwa drei Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres", sagt Dierk Rommel. "Aber sie dürfen kein Ersatz für die kontinuierliche Kommunikation übers Jahr sein", warnt der Coach.

Und was gibt es dafür, wenn Mitarbeiter ihre Ziele erreichen? Viele Unternehmen verbinden erfüllte Zielvereinbarungen mit Prämien. Das muss aber nicht zwingend so sein: "Das Lob und die Anerkennung des Vorgesetzten und von Teamkollegen verbunden mit der Aussicht, auf seiner beruflichen Laufbahn voranzukommen, kann allein schon sehr motivierend sein", betont Dierk Rommel. Laut Reiner Voss können Prämien sogar schädlich sein. "Weil man sich dann nur darauf und nicht mehr auf das eigentliche Ziel konzentriert", meint er. Eine Prämie "obendrauf" allerdings findet er in Ordnung. "Doch wer erstmals Zielvereinbarungen einführt, sollte in den ersten zwei Jahren auf die Prämien verzichten", rät Voss. "Sonst kommt ein falscher Zungenschlag da rein."

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