Business mit Stil: Wer ausländische Geschäftspartner empfängt, muss Zeit für Beziehungspflege haben. Die interkulturelle Kompetenz wird immer noch unterschätzt

Nach Expansion steht dem Firmenchef der Sinn. "Werben wir Kunden im Ausland", denkt er sich. Und irgendwann stehen sogar potenzielle Geschäftspartner vor der Tür. "Wir sind doch alle Profis", denkt er weiter. "Wir haben das Produkt, die haben den Bedarf - das bringen wir schnell unter Dach und Fach."

Falsch gedacht. "Interkulturelle Kompetenz wird von vielen Firmen immer noch unterschätzt", sagt Beatrice Hunt, Geschäftsführerin der Beratungsfirma BE Consultants International mit Sitz in Berlin und Korea. "Daran kann auch schon mal ein Millionengeschäft scheitern."

"Sensibilisierung ist wichtig", sagt Angela Henke, die in Hamburg Trainings und Beratung in Interkulturellem Management anbietet. Nicht in jeder Kultur sei zum Beispiel Pünktlichkeit so ein hoher Wert wie in der deutschen. "Wenn jemand nicht pünktlich ist, verlieren Deutsche sofort das Vertrauen in dessen Zuverlässigkeit", sagt sie. Diesen Schluss dürfe man bei ausländischen Partnern nicht ziehen. "Tut man es doch, verbaut man sich viele Chancen."

Um sich in den ausländischen Gesprächspartner einzufühlen, müsse man so viel wie möglich über dessen Land wissen, empfiehlt die Beraterin. "Auch geschichtliche Hintergründe sollte der deutsche Unternehmensvertreter kennen." Dann könne man sich zum Beispiel die für Deutsche oberflächlich wirkende und oft belächelte Freundlichkeit der US-Amerikaner erklären: "In einem Land, in dem man traditionell häufig umzieht, ist es wichtig, sich schnell mit allen gut zu verstehen", sagt Henke. Amerikanern sei es wichtig, gemocht zu werden. "Sie wirken darum auch sehr teamorientiert, doch davon darf man sich nicht täuschen lassen. Amerikaner denken hierarchisch."

Auch im europäischen Umfeld stehe Deutschland mit seinem "Luxus der flachen Hierarchie" noch ziemlich alleine da, sagt Claudia Cottel-Reeder, Inhaberin des Hamburger Trainingsunternehmens Culture Plus. "Ein Deutscher muss also darauf achten, den Ranghöheren seiner Gesprächspartner auch als solchen zu behandeln - zum Beispiel bei der Begrüßung", sagt sie. Bei Südeuropäern gilt das ebenso wie bei Asiaten.

Am ähnlichsten seien den Deutschen die US-Amerikaner und die Skandinavier. "Wie Deutsche sind sie sehr zielorientiert und wollen schnell zu einem Abschluss kommen", erklärt Angela Henke. Anders Südamerikaner, Araber, Asiaten. "Sie sind eher beziehungsorientiert", sagt Claudia Cottel-Reeder. "Da wird viel Zeit investiert, und es werden viele Geschenke gemacht."

"Bevor man mit seinem Geschäftspartner nicht warm geworden ist, macht man keine Geschäfte", sagt auch Beatrice Hunt. "Und warm wird man bei einem ausgiebigen gemeinsamen Essen." Koreanische Gäste zum Beispiel würde sie gleich nach der Ankunft in Deutschland in ein koreanisches Restaurant führen. "Dort können sie sich erholen und fühlen sich wohl", sagt sie. "Das ist ein guter Einstieg." Koreaner seien wie viele Asiaten sehr empfindsam. "Wir würden vielleicht sogar empfindlich sagen", sagt Hunt. "Es wird mehr gefühlt als gesehen und sehr genau beobachtet: Wie wichtig ist es der deutschen Firma, dass wir da sind?"

Sich für die Gäste zu verbiegen, hält Angela Henke allerdings für überflüssig. "Gerade eine kleine Firma sollte schon ihre Kultur leben und sich zeigen, wie sie eben wahrgenommen werden möchte." Dennoch rät sie dazu, auf Details zu achten: "Franzosen zum Beispiel gehen immer sehr gut vorbereitet und informiert in Verhandlungen. Wenn Deutsche dann mit ihrer Präsentation bei Adam und Eva anfangen, sind sie total gelangweilt." Südeuropäer seien generell genervt, wenn ihnen ein Zeitkorsett angelegt wird: "Sie verstehen nicht, was ein Tagungsprogramm im Viertelstundentakt bringen soll."

Vermittler und Übersetzer mit ins Meeting zu nehmen, empfehlen alle Expertinnen. Selbst wer ganz gut Englisch spricht, stolpere noch über die Tücken der Sprache, sagt Henke. "Actually, currently - was heißt jetzt noch mal 'aktuell'?" Außerdem biete der Einsatz eines Dolmetschers auch einen taktischen Vorteil: "Während er übersetzt, habe ich genug Zeit, zu überlegen und mein Gegenüber zu beobachten."

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