Die kleine Ursula wurde in eine Kiste gesteckt, vergraben, und ist qualvoll erstickt. Rund 28 Jahre nach dem aufsehenerregenden Mord an der damals zehnjährigen Ursula Herrmann beginnt an diesem Donnerstag in Augsburg der Prozess gegen einen 58-Jährigen und dessen Ehefrau.

Der Mann ist wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge angeklagt, seine Ehefrau muss sich wegen Beihilfe verantworten. Die Beschuldigten bestreiten die Tat.

Es war Spätsommer, der 15. September 1981. Die zehnjährige Ursula wurde bei Eiching am Ammersee entführt und in einer im Wald vergrabenen Kiste eingesperrt worden. Der Sauerstoff reichte für Stunden, doch dann versagte die Belüftungsanlage das Kind erstickte.

Bei den Eltern waren damals zwei Erpresserbriefe und mehrere Erpresseranrufe eingegangen. 19 Tage nach der Entführung, am 4. Oktober, fand ein Suchtrupp der Polizei schließlich die Kiste mit der Leiche des Kindes. Trotz zahlreicher Hinweise konnte über Jahrzehnte kein Täter ermittelt werden.

Dabei waren die Ermittler so nahe an der Aufklärung des Falles dran: Der Angeklagte war bereits als Verdächtiger Wochen nach der Tat festgenommen worden, wurde wegen mangelnder Beweise aber wieder freigelassen. Im Oktober 2007 hatten die Ermittler bei dem inzwischen nach Schleswig-Holstein gezogenen Verdächtigen bei einer Hausdurchsuchung dann ein altes Tonband beschlagnahmt. Spezialisten des Bayerischen Landeskriminalamtes sollen darauf Spuren gefunden haben, die sich den mitgeschnittenen Erpresseranrufen von 1981 zuordnen lassen sollen. Zudem sollen sich früher geltend gemachte Alibis als falsch erwiesen haben. Der Ehefrau des mutmaßlichen Haupttäters wird vorgeworfen, die Erpresserbriefe aus Zeitungsfetzen gebastelt zu haben.

Das Landgericht Augsburg hat unter dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Rothermel bis zum Jahresende 53 Sitzungen angesetzt, in denen mehr als 200 Zeugen und Sachverständige gehört werden sollen. Die Verteidigung des Angeklagten hat zum Prozessbeginn eine umfassende Erklärung des Beschuldigten zum Tatvorwurf angekündigt. Ursulas Eltern wollen als Nebenkläger nicht persönlich an dem Verfahren teilnehmen. Sie werden nur als Zeugen vor Gericht erscheinen.

Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz sagte, bei dem Verfahren handele es sich um einen "schwierigen Indizienprozess". Er gehe davon aus, dass die gesammelten Hinweise der Ermittler eine Verurteilung des Beschuldigten wahrscheinlich machen. Ein derart aufwendiges Verfahren habe es in einem Tötungsprozess in Augsburg noch nicht gegeben.