Sport1.de sprach mit Schalke-Coach Mirko Slomka über das Derby gegen Bochum, das Spielsystem und die Herbstmeisterschaft.

München - Vier Spieltage sind in der Hinrunde der Bundesliga noch zu absolvieren und die besten Chancen auf den Herbstmeistertitel hat der FC Schalke 04.

Nach zahlreichen Querelen innerhalb der Mannschaft, der permanenten Diskussion um Trainer Mirko Slomka und dem Presseboykott der Spieler eine bemerkenswerte Leistung.

Als Tabellenführer empfangen die "Knappen" am Freitagabend den VfL Bochum (ab 20.15 Uhr ).

Sport1.de sprach mit Mirko Slomka über das Ruhrpott-Derby, das Spielsystem, die Herbstmeisterschaft und die Turbulenzen in und um den Verein.

Sport1: Herr Slomka, ist ein Sieg gegen Bochum als Tabellenführer Pflicht?

Mirko Slomka: Natürlich wollen wir uns mit einem Sieg gegen den VfL an der Tabellenspitze behaupten, aber die Partie wird kein Selbstläufer. Die Bochumer haben in Berlin und gegen Frankfurt jeweils eine starke Leistung und viel Moral gezeigt. Außerdem haben die Bochumer bereits zwei Mal in der Arena gewonnen. Allerdings haben wir in dieser Saison noch kein Heimspiel verloren und sind so selbstbewusst, dass es gegen den den VfL klappen sollte.

Sport1: Werden Lincoln und Bordon ihr Comeback feiern?

Slomka: Marcelo Bordon wird aufgrund seiner Muskelverletzung leider noch nicht zur Verfügung stehen. Lincoln ist wie verabredet topfit aus Brasilien zurückgekehrt und hat im Training wieder seine Klasse gezeigt. Er ist eine Bereicherung für jede Mannschaft. Es wird keine einfache Entscheidung. Zumal die, die zuletzt gespielt haben, ihre Sache sehr ordentlich gemacht haben.

Sport1: Derzeit spielen Ihre Stürmer wie ausgewechselt. Welche Gründe stehen hinter dem Hoch? Etwa die Rückkehr zum 4-3-3-System?

Slomka: Wir haben sowohl im 4-4-2- als auch im 4-3-3-System sehr gute Spiele abgeliefert. Mit dem 4-3-3 haben wir zuletzt die Schnelligkeit unserer Angreifer gut genutzt. Außerdem haben unsere Stürmer jetzt auch mal das nötige Quäntchen Glück vor dem Tor. Sie werden - wie die gesamte Mannschaft - für die harte Arbeit der letzten Wochen belohnt.

Sport1: In den restlichen Spielen bis zur Winterpause haben Sie von den Topteams das leichteste Restprogramm. Ist die Herbstmeisterschaft realistisch?

Slomka: Jetzt müssen wir erst einmal gegen Bochum den Spitzenplatz verteidigen. Diesem Spiel gilt unsere ganze Konzentration. Erst dann denken wir an die anderen Aufgaben, die aber auch alles andere als einfach sind. Nürnberg hat in München gepunktet, Dortmund ist auswärts sehr gefährlich, und Bielefeld hat die Bayern zu Hause geschlagen. Dennoch wollen wir natürlich so lange wie möglich den Spitzenplatz verteidigen, wobei der 34. Spieltag viel wichtiger ist als der 17. Die Herbstmeisterschaft ist nicht so wichtig.

Sport1: Sportlich läuft es bei Schalke derzeit blendend. Wie kann man den Höhenflug nach den vielen Negativ-Schlagzeilen erklären?

Slomka: Hier muss man deutlich trennen. Das eine ist die Berichterstattung, das andere ein sportlicher Entwicklungsprozess. Die Berichterstattung nach dem 1:4 der deutschen Nationalmannschaft in Italien im Frühjahr zum Beispiel hätte auch niemanden erwarten lassen, dass Deutschland eine so hervorragende WM spielt.

Sport1: Was kritisieren Sie konkret?

Slomka: Wir haben durch sportliche Enttäuschungen und die ein oder andere Entscheidung für Gesprächsstoff gesorgt. Zu den Entscheidungen stehen wir jedoch nach wie vor. Aber die Art und Weise, wie Themen mit einer gewissen Tendenz aufgebauscht worden sind und welcher Zynismus und welche Aggressivität hier zum Teil Einzug gehalten haben, ist nicht in Ordnung. Selbst nach überzeugenden Leistungen wie in Cottbus wird noch das Haar in der Suppe gesucht. Kritik ist okay, aber gewisse Umgangsformen sollten einfach gewahrt bleiben.

Sport1: Derzeit praktizieren Ihre Spieler einen Medienboykott. Wie lange hält er noch an und wie bewerten sie das Schweigen?

Slomka: Das ist eine Sache, die aus der Mannschaft heraus entstanden ist. Wir respektieren diese Entscheidung. Die Mannschaft hat viel einstecken müssen und manche Unwahrheit über sich lesen müssen. Diese Maßnahme ist ein Versuch, sich zur Wehr zu setzen. Über die Länge des Boykotts muss die Mannschaft entscheiden. Aber es ist klar, dass es kein Dauerzustand sein kann. Es muss nun eine vernünftige Regelung gefunden werden.

Sport1: Ernst und Larsen arbeiten sich an die Mannschaft ran, dazu noch Asamoah. Hat Schalke noch Luft nach oben?

Slomka: Wir wissen, dass wir einen richtig guten Kader haben. Wenn alle verletzten Spieler wieder fit sind, verstärkt das natürlich den Konkurrenzkampf in unserer Mannschaft. Das ist immer gut.

Sport1: "Zahlt" sich das Aus im Uefa-Cup und DFB-Pokal derzeit aus, da man sich auf die Bundesliga konzentrieren kann?

Slomka: Wir wären alle lieber noch im internationalen Wettbewerb. Auch im DFB-Pokal würden wir gerne mitmischen, weil man sich über diese Spiele enormes Selbstvertrauen holen kann. Das Aus in beiden Wettbewerben ist sehr schmerzhaft für uns. Jetzt konzentrieren wir uns komplett auf die Bundesliga. Ein Vorteil ist jetzt, dass wir noch intensiver trainieren können, weil wir keine englischen Wochen mehr haben.

Das Gespräch führte Haruka Gruber