„Das sind so viele Emotionen“, sagte der Niederländer nach dem Schlusspfiff. In den letzten Jahren verlor Robben alle wichtigen Finals. Auch in Wembley verzweifelte er zunächst mehrmals an BVB-Keeper Weidenfeller.

London. Nach dem Tor seines Lebens hatte bei Arjen Robben auch Jupp Heynckes nichts mehr zu melden. „Das ganze Jahr haben wir unserem Trainer sehr gut zugehört, jetzt dürfen wir entscheiden“, verkündete der frischgekürte Champions League-Sieger forsch und setzte als neues holländisches Feierbiest des FC Bayern kurzerhand alle Party-Vorgaben seines Chefs Richtung DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart außer Kraft. „Wenn wir jetzt zwei, drei Tage feiern, glauben Sie, dann werden wir in Berlin nicht gut sein?“, fragte der größte Held des 2:1-Sieges gegen Borussia Dortmund und gab die Antwort breit grinsend gleich selbst: „Ich glaube das nicht!“

Wie bei seiner unwiderstehlichen Solo-Tornummer in der 89. Minute, als er Mats Hummels stehen ließ und BVB-Keeper Roman Weidenfeller verlud, war der 29-Jährige bei der Champions-League-Siegerparty der Münchner nicht zu bremsen. Völlig losgelöst stand er im Festsaal des „Grosvenor House“ auf einem Stuhl, schwenkte tanzend eine Vase mit roten Rosen in der einen und eine Bierflasche in der anderen Hand. Innig umarmte und küsste er danach seine Frau Bernadien. Alles nach einem Spiel, das dem polarisierenden Star auf ewig einen Ehrenplatz in den Geschichtsbüchern des deutschen Rekordmeisters sichern wird.

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Was für ein Fußball-Märchen. Vor einem Jahr war Robben noch einer der größten Verlierer unter den geprügelten Vize-Bayern. Er wurde nach dem Finaldrama gegen Chelsea sogar wenige Tage später bei einem Spiel seiner Bayern in der Münchner Arena gegen seine niederländische Nationalelf ausgepfiffen.

Alles vergessen. Am Samstagabend hallten ihm in Wembley „Arjen Robben“-Rufe aus der Bayern-Fankurve entgegen. Der eigenwillige Star gab den Einpeitscher auf der Bande. Er setzte sich den Pokal auf den Kopf, küsste ihn, ließ sich feiern und nahm als Erinnerungsstück ein Stück des Netzes jenes Tores mit, in das er zuvor getroffen hatte.

„Das vergisst man nicht, was letztes Jahr passiert ist. Das kommt alles hoch“, schilderte Robben seine ihn übermannenden Gefühle. „Das ist ein Traum nach vielen großen Enttäuschungen. Du willst am Ende nicht der Loser sein, du willst mal was gewinnen.“ Ein WM-Finale hatte er zuvor verloren und dabei gegen Spanien eine große Chance zum Siegtor vergeben, dazu zwei Champions-League-Endspiele mit den Bayern (2010 und 2012).

Gerade er wurde nun zum Matchwinner, der vor einem Jahr im entscheidenden Meisterduell in Dortmund noch mit einem Elfmeter an Weidenfeller gescheitert war. Auch in der Verlängerung des Finaldramas „dahoam“ gegen Chelsea versagte er wiederum vom Punkt. „Du musst immer einmal mehr aufstehen als du hingefallen bist. Das macht Champions aus“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer über das Stehaufmännchen Robben. Schon im Pokal-Viertelfinale gegen Dortmund hatte er mit einem Traumtor die Münchner zum 1:0-Sieg geschossen.

Der Glatzkopf mit dem ausgeprägten Ego, der auch so oft Pech mit Verletzungen hat, besticht durch Nehmerqualitäten wie ein Boxer. „Ich habe vieles vorgehabt heute, ich hatte in den Wochen vor dem Finale so oft gehört, Arjen, du schießt das Tor. Dann gebe ich die wichtige 1:0-Vorlage und schieße ein Tor, das ist ein Traum. Das sind so viele Emotionen, unglaublich“, erzählte er freudestrahlend.

Sir Alex Ferguson, die scheidende Trainerlegende von Manchester United, überreichte ihm im Stadion die Trophäe für den „Mann des Spiels“. Robben hatte sie sich verdient, ein Vollblutfußballer, der in großen Spielen einfach immer eine Hauptrolle spielt, ob als Verlierer oder Gewinner. Das Finale in London war ein Spiegelbild dafür, denn vor dem Happy-End war er zuvor mehrmals an Weidenfeller gescheitert. „Jetzt hat es geklappt. Da kann man das andere vergessen“, sagte er. Wer will jetzt noch was von Wechselgerüchten wissen – die Reizfigur Robben haben seit dem tollen Wembley-Tor in München wieder alle total lieb.