Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi spielt bis Februar in Indiens neuer Profiliga und berichtet regelmäßig über seine Erfahrungen.

Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi vom Uhlenhorster HC spielt in diesem Winter vom 14. Januar bis 10. Februar in der neu gegründeten Profiliga Hockey India League (HIL) für die Delhi Waveriders. Für abendblatt.de beschreibt der 25-Jährige seine Eindrücke in einem Tagebuch.

Ich weiß, ich bin nicht hier, um Urlaub zu machen. Aber am Sonntag habe ich es mir nicht nehmen lassen, mich wie ein Tourist zu benehmen. Mit ein paar Teamkollegen haben wir uns einen Fahrer gebucht und sind zum Taj Mahal gefahren. Dieses Mausoleum, das der Großmogul Shah Jahan im 17. Jahrhundert für seine verstorbene Hauptfrau errichten ließ, ist eins der berühmtesten Wahrzeichen Indiens. Es liegt in Agra, rund drei Autostunden von Delhi entfernt, aber ich muss sagen, dass es die Fahrerei absolut wert ist. Der Bau ist sehr beeindruckend, alles ist aus Marmor, sehr prunkvoll. Wir haben dort eine Führung mitgemacht und uns alles angeschaut, und es war wirklich ein toller Ausflug.

Heute wollte ich die Zeit zwischen unserer Videobesprechung am Vormittag und dem Training am Nachmittag nutzen, um in Delhi auf einem Schmuckmarkt ein paar Geschenke einzukaufen. Aber das war leider eine ziemliche Touristenfalle. Das, was da als Silberschmuck angeboten wurde, war in Wirklichkeit nur wertloses Blech, das aber den Preis von Silberschmuck hatte. Da habe ich lieber die Finger davon gelassen.

Der gestrige freie Tag war wohl der letzte bis zum Saisonende, denn jetzt wartet ein straffes Programm auf uns. Morgen Abend spielen wir um 20 Uhr gegen die Punjab Warriors, am Mittwoch gegen die Ranchi Rhinos, dann geht es wieder auf Auswärtstour mit drei Spielen innerhalb von sechs Tagen. Bislang habe ich von unserem Trainer Ajay Kumar Bansal noch kein Zeichen bekommen, dass er mir mal ein Spiel Pause geben wird und meinen Ersatzmann Pirmin Blaak spielen lassen will. Mir ist das recht, ich spiele gern jedes Spiel. Für Pirmin ist das natürlich nicht so schön. Vielleicht bekommt er ja seine Chance, wenn wir uns sicher fürs Halbfinale qualifiziert haben.

Unser Trainer pflegt grundsätzlich einen sehr lockeren und freundschaftlichen Umgang mit den Spielern. Er ist zwar schon Ende 50, ein kleiner, dicker, gemütlicher Mann, aber vom Typ her ist er wie Jürgen Klopp. Die Gestaltung der Trainingseinheiten und auch die Videosessions überlässt er weitgehend seinen beiden Assistenten, dafür macht er das Coaching bei den Spielen und ist auch für die Taktik zuständig. Wobei ich sagen muss, dass sich die meisten sowieso nicht an die taktischen Vorgaben halten, sondern eher das tun, was sie für richtig erachten. Aber der Erfolg mit sechs Siegen aus sechs Spielen gibt uns recht.

Mein früherer UHC-Teamkollege Philip Sunkel, der im vergangenen Jahr in der Konkurrenzliga hier in Indien gespielt hat, hatte mir erzählt, dass die indischen Spieler meist starr an der vorgegebenen Taktik festhalten, auch wenn diese nicht zum Erfolg führt. Das kann ich in unserem Team gar nicht beobachten. Hier bringen sich alle Spieler ein und ändern im Spiel auch mal spontan die Ausrichtung, wenn es nötig ist. Was aber auffällt ist, dass die einheimischen Spieler dem Trainer mit größerem Respekt und manchmal sogar beinahe einer Unterwürfigkeit begegnen, die wir Ausländer nicht gewohnt sind. Der Trainer spricht mit manchen Indern auch Hindi, weil sie kein Englisch verstehen. Aber grundsätzlich macht er von sich aus keinen Unterschied zwischen Indern und Ausländern. Ich finde seine Arbeit sehr angenehm. Und so lange wir gewinnen, gibt es für ihn ja auch keine Veranlassung, daran etwas zu ändern.

Ich melde mich morgen wieder, dann hoffentlich mit dem siebten Sieg im Rücken! Viele Grüße, Euer Nico