Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi spielt bis Februar in Indiens neuer Profiliga und berichtet regelmäßig über seine Erfahrungen.

Hockey-Nationaltorhüter Nicolas Jacobi vom Uhlenhorster HC spielt in diesem Winter vom 14. Januar bis 10. Februar in der neu gegründeten Profiliga Hockey India League (HIL) für die Delhi Waveriders. Für abendblatt.de beschreibt der 25-Jährige seine Eindrücke in einem Tagebuch.

Die aus meiner Sicht traurigste Nachricht des Tages will ich gleich zum Einstieg meines heutigen Tagebuchs loswerden. Leider hat sich mein UHC-Teamkollege Oliver Korn gegen das Angebot entschieden, als Nachrücker für den verletzten Niederländer Taeke Taekema in mein neues Team zu wechseln. Das finde ich sehr schade, denn natürlich hätten mein Zimmerpartner Oskar Deecke und ich uns sehr gefreut, einen dritten Deutschen bei den Delhi Waveriders zu begrüßen.

Stattdessen kommt der Holländer Tim Jenniskens zu uns, der bei den Olympischen Spielen in London genau wie ich Ersatzspieler war. Er ist ein sehr guter Abwehrspieler, und dementsprechend freue ich mich über seinen Zugang, denn im heutigen Training ist mir wieder einmal klar geworden, dass wir gute Abwehrspieler dringend benötigen. Wir hatten zwei harte Einheiten, vormittags gab es rund zwei Stunden Torschusstraining, und abends haben wir mit acht gegen acht dreimal 17,5 Minuten auf Großfeld gegeneinander gespielt. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich im Tor gelangweilt hätte, denn obwohl sechs Spieler weniger als normal auf dem Feld standen und die Jungs ganz schön viel laufen mussten, gab es sehr viele Torszenen.

Ich bin allerdings sehr positiv davon überrascht, dass die Mitspieler, vor allem die indischen, sehr offen für Anregungen sind und auch die Bereitschaft zeigen, sich auf Neues einzulassen. Mit Rupinder Pal Singh habe ich einen sehr starken Innenverteidiger vor mir, der mich schon mehrfach um meine Meinung gefragt hat und sich Tipps geben lässt, was er verbessern kann. Eine Struktur in der Mannschaft ist schon jetzt, am dritten Tag unseres Abenteuers, klar erkennbar. Über allen strahlt Sardar Singh, unser Sonnenkönig. Er ist Indiens Superstar und der teuerste Spieler der Hockey India League. Das Gute ist aber, dass er sich das nicht anmerken lässt. Er ist unglaublich nett und hilfsbereit, hat immer ein offenes Ohr und versucht, sich für die Belange der Mitspieler einzusetzen. Oskar und mir hat er schon angeboten, dass er uns zum Taj Mahal, das etwa drei Autostunden entfernt liegt, mitnehmen will. Und morgen Abend will er uns in der Stadt eine schöne Shisha-Bar zeigen.

Um Sardar dreht sich alles, er ist der Mittelpunkt der Mannschaft. Dazu gibt es noch drei, vier weitere Inder, die zum Führungszirkel gehören, und dann sind da noch die Ausländer, von denen ebenfalls erwartet wird, dass sie Führung übernehmen. Die Verständigung auf Englisch klappt sehr gut, die Inder, die internationale Erfahrung haben, sprechen ein sehr gut verständliches Englisch. Diejenigen, die bislang nur in Indien und nicht im Nationalteam gespielt haben, haben allerdings auch kein Problem, weil unser Trainer Ajay Kumar Bansal im Training alles immer erst auf Hindi erklärt. Der einzige, für den es schwer werden dürfte, ist unser Spanier Andres Mir, der erst morgen einfliegt. Er spricht nämlich weder Englisch noch Hindi. Das wird spannend.

An zwei Dinge müssen Oskar und ich uns noch gewöhnen. Zum einen wird hier jeden Morgen vor dem Training gebetet, dann stellen sich alle Hindus im Kreis auf, fassen sich an den Händen und bitten um göttlichen Beistand. Wir anderen schauen ihnen dabei zu. Zum anderen gibt es leider keine verlässliche Planung für einige Tage im Voraus, wie wir es aus unseren Vereinen oder dem Nationalteam gewohnt sind. Wann Training ist, erfährt man mit viel Glück am Vorabend, oft aber auch erst beim Frühstück oder durch einen morgendlichen Anruf von Sardar oder vom Trainer. Damit keiner von uns Ausländern eine Einheit verpasst, haben wir eine What’sApp-Gruppe gegründet, um uns gegenseitig zu informieren. Das klappt bislang sehr gut. Und wir lernen, dass nicht immer alles perfekt sein muss. Ich wünsche Euch einen schönen Abend und melde mich morgen wieder. Euer Nico!